Hannover. Niedersachsen will Notquartiere jetzt „winterfest“ machen. Viele Turnhallen schon belegt – Verbände warnen vor Folgen für den Sportbetrieb

Die kalte Jahreszeit hat begonnen – und trotz frostiger Nächte mit Minustemperaturen müssen derzeit noch 4000 Flüchtlinge in Niedersachsen in Zelten leben. Nun müssen die Notquartiere schnell winterfest gemacht werden. Bis Ende Oktober sollen die Zelte entweder beheizt oder durch winterfeste Schnellbauhütten ersetzt werden, teilte das Innen­ministerium in Hannover mit.

Geräumt wird das als Notunterkunft genutzte Ferienzeltlager in Otterndorf an der Nordseeküste. Die 650 Flüchtlinge ziehen in Unterkünfte im Kreis Cuxhaven. Auch in Bremen werden Flüchtlinge über den Winter in luftiger Behausung wohnen müssen. Dafür will das Land spezielle Zelte anschaffen, die isoliert und mit Fenstern ausgestattet sind. 1000 der fast 5000 Plätze in Bremer Notunterkünften sind zurzeit nicht winterfest. Das Sozialressort kann nicht ausschließen, dass normale Zelte für die kalte Jahreszeit nachgerüstet werden müssen. „Wir müssen unsere Standards ständig weiter absenken, um den Menschen überhaupt noch ein Dach über dem Kopf zu bieten“, sagte Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne).

Im Winter sind die meisten Hallen ohnehin zu 100 Prozent ausgelastet

Die Sportvereine in niedersächsischen Städten und Gemeinden planen unterdessen mit Beginn der Hallen­saison neu, denn in etliche Sporthallen sind inzwischen Flüchtlinge eingezogen. „Die Lage ist mittlerweile absolut dramatisch“, sagt Marco Trips, Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebunds. In Niedersachsen gebe es einen Zuzug von 1000 Flüchtlingen pro Tag, das mache allein bis zum Jahresende etwa 90.000 Menschen aus. „Vom Schul- und Vereinssport wird man sich flächendeckend verabschieden können – auf unbestimmte Zeit“, sagte Trips.

In Hannover sind derzeit zehn von rund 160 Hallen belegt, sagte der Geschäftsführer des Stadtsportbunds Hannover, Roland Krumlin. „Im Sommer war das einfacher, jetzt im Herbst ist es eine Herausforderung.“ Versucht wird, Ersatzzeiten in anderen Hallen anzubieten, doch im Winterhalbjahr sind die meisten Hallen ohnehin zu 100 Prozent ausgelastet.

In den Osnabrücker Sporthallen sind bislang keine Flüchtlinge eingezogen, doch auch in Braunschweig sehen sich die Sportvereine nach Lösungen um. Nach Angaben der Stadtverwaltung wird dort zurzeit eine Turnhalle als Unterkunft genutzt, zwei weitere sind für den Notfall vorgemerkt. Eine Sporthalle in Braunschweig sei zudem durch Brandstiftung zerstört worden, die Situation sei schwierig. „Was mit Punktspielen, dem Ligabetrieb und dem Training wird, bleibt abzuwarten. Wir müssen das Beste daraus machen“, sagte Wolfram Wehling vom Stadtsportbund Braunschweig.

Die Belegung von Sporthallen sei nur Ultima Ratio, heißt es in dem Positionspapier „Sportvereine sind ein Motor der Integration“, das am Sonnabend bei einer Konferenz der 16 deutschen Landessportverbände in Hamburg verabschiedet wurde: „Die weitaus meisten Sportvereine sind für ihre Arbeit auf öffentliche Sporthallen angewiesen. Deshalb beobachten wir mit Sorge die Zweckentfremdung von Sporthallen durch zunehmende Belegung mit Flüchtlingen und Asylsuchenden, die in manchen Kommunen den Sportbetrieb ganzer Vereine oder Sportarten zum Erliegen gebracht hat.“ (dpa)