hamburg. Seit Mai durften Lastkraftwagen im Baustellenbereich bei Schnelsen die linke Spur nutzen – die Staus wurden deutlich geringer. Jetzt stoppt die Innenbehörde den Versuch
Prof. Justin Geistefeldt macht keinen Hehl aus seiner Meinung: „Die Entwicklung der Verkehrsunfälle war nicht so dramatisch, dass man den Versuch abbrechen musste.“ Der Chef des Lehrstuhls für Verkehrswesen an der Ruhr-Universität Bochum begleitete in den vergangenen Wochen den Test auf der A 7, das Rechtsfahrgebot für Lkw aufzuheben und ist mit der Entscheidung der Hamburger Innenbehörde, den Versuch zu beenden, nicht ganz einverstanden.
Für die Autofahrer sind die Folgen seit Anfang vergangener Woche zu spüren. Seit Lastkraftwagen, die in Richtung Flensburg fahren, wieder gezwungen sind, im Baustellenbereich hinter dem Autobahndreieck Nordwest die rechte Fahrbahn zu nutzen, staut sich der Verkehr weit in den Süden. Worum geht es? Durch die Erneuerung der A 7 im Bereich Schnelsen hatte sich die Verkehrssituation seit Herbst vergangenen Jahres dramatisch verschlechtert. Um den Verkehrsfluss zu verbessern, wurde Mitte Mai im Bereich der Baustelle testweise das Rechtsfahrgebot für Lkw aufgehoben. Die Folge war eine spürbare Abnahme der Staulängen. „Der Verkehrsfluss wurde durch die gleichmäßigere Auslastung aller Fahrstreifen besser“, resümiert Prof. Geistefeldt. Bis zu 60 Prozent des Lkw-Verkehrs sei über den linken Fahrstreifen abgewickelt worden. „Die Staus in Richtung Elbtunnel haben sich dadurch deutlich reduziert.“
Allerdings räumte der Wissenschaftler ein, dass am Ende der Baustelle, dort, wo die Lkw wieder auf die rechte Spur wechseln mussten, die Zahl der Unfälle signifikant gestiegen sei. „Insgesamt wurden während des Testzeitraums 49 Unfälle gezählt, von denen 43 auf die Rechtseinfädelung der Lkw zurückzuführen waren.“ Das waren doppelt so viele wie vor dem Test.
Der Wissenschaftler wies jedoch darauf hin, dass es sich dabei zum allergrößten Teil um Blechschäden gehandelt habe. Das Problem bestand darin, dass den Lkw am Ende der Baustelle aufgrund einer Brücke lediglich eine Distanz von 800 Metern zur Verfügung stand, um auf die rechte Spur wechseln zu können. Die Unfälle ereigneten sich, weil die Lkw-Fahrer beim Spurwechsel kleinere Fahrzeuge im sogenannten toten Winkel nicht sahen.
Der Vergleich der Unfallzahlen sei schwierig, sagte Prof. Geistefeldt. „So kann man beispielsweise nicht feststellen, wie viele Unfälle im Testzeitraum durch die Verkürzung der Staus verhindert wurden.“ Unklar sei auch, ob die Zahl der Unfälle seit Abbruch des Versuchs wieder gesunken sei.
Hamburgs Verkehrskoordinator Gerhard Fuchs berichtete zudem, dass Änderungen der Zufahrt von der A 23 auf die A 7 in nördlicher Richtung keine Entlastung für den Baustellenbereich bringen würden. Prof. Geistefeldt und sein Team hatten beispielsweise untersucht, ob eine Zuflussregelung mithilfe einer Ampel den Verkehr auf der A 7 entlasten würde.