Kiel. In der Regierungserklärung erläutert Schleswig-Holsteins Ministerpräsident seine politischen Pläne – und rückt seine Partei nach rechts

Die schleswig-holsteinische Küstenkoalition rückt in die Mitte – und mit ihr auch die größte Regierungspartei, die im Norden bisher eher linkslastige SPD. Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) stellte am Mittwoch die Familie in das Zentrum einer halbstündigen Regierungserklärung. Inhaltlich war vieles schon bekannt. Die Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und SSW hatten am 7. Juli beschlossen und verkündet, dass es von 2017 an ein monatliches Krippengeld von 100 Euro pro Kind gibt. Damit verbunden ist das Versprechen, sich für komplett kostenfreie Kindergärten einzusetzen. Interessanter war, was in Albigs Rede nicht vorkam: Arbeitslose oder andere benachteiligte Menschen spielten dort keine Rolle mehr – für einen Sozialdemokraten zumindest ungewöhnlich.

Der Ministerpräsident bediente sich der fiktiven Familie Hansen aus Elmshorn, um seine politischen Ziele zu beschreiben. Und so sieht seine Modellfamilie aus: Vater und Mutter sind berufstätig, die beiden Kinder sind drei und zehn Jahre alt. Gut eine Viertelmillion solcher Familien gebe es in Schleswig-Holstein, sagte Albig. Er beschrieb sie als „Leistungsträger unserer Gesellschaft“.

„Meine Koalition macht Politik für diejenigen, die schwer arbeiten und das Land zusammenhalten“, sagte er. „Von der alleinerziehenden Krankenschwester in Kiel über den Polizeiobermeister in Brunsbüttel bis zur Professorin in Lübeck.“

Das Krippengeld sei da nur der Anfang. „Was Familien wirklich hilft, sind niedrigere Kita-Beiträge“, sagte Albig. „Mein Ziel ist: Jahr für Jahr voranzukommen – bis der Kindergartenbesuch für alle Familien endlich kostenfrei ist.“ Bei den Schulen will Albig dafür sorgen, dass der Unterrichtsausfall minimiert wird. Die Grundfinanzierung der Universitäten soll im Zeitraum von 2016 bis 2020 um 25 Millionen Euro erhöht werden. Die Tochter der fiktiven Familie Hansen, so beschrieb es Albig, werde sich eines Tages fragen, wo sie studieren solle. Weil sich das Land um seine Hochschulen kümmere, sei die Antwort klar. „Wer will Schleswig-Holstein schon verlassen?“, fragte er.

Erneut kündigte Albig ein Infrastruktur-Investitionsprogramm an. Bis zum Herbst sollen die Details feststehen. Es ist Zukunftsversprechen. Erst nach der Landtagswahl 2017 wird es damit richtig losgehen – falls die Küstenkoalition gewinnen sollte.

Wie die Regierungszeit seines Kabinetts für Mutter Hansen ausgeht, ist jedenfalls schon mal klar. „Sie übernimmt eine Geschäftsführerposition“, sagte Albig – weil die Koalition mit einer Digitalisierungsoffensive dafür sorgen werde, dass sie auch zu Hause arbeiten könne, und weil ihre Kinder so gut betreut würden.

Wolfgang Kubicki, Vorsitzender der FDP-Fraktion, kommentierte hinterher: „Das war die schlechteste Regierungserklärung, die man in diesem Haus je gehört hat.“ Der CDU-Fraktionsvorsitzende Daniel Günther sprach die fiktiven Hansens direkt an: „Glaubt diesem Märchenonkel Albig kein Wort.“