Lübeck . Viele Schädlinge vertragen Frost. Deshalb muss auf einen milden Winter keine Insektenplage folgen. Entscheidend ist das Frühlingswetter.

Der vergangene Winter war im Norden mild und feucht. Viele Insekten sowie deren Eier und Larven haben ihn überlebt. Doch das bedeutet nicht unbedingt, dass es jetzt zu einer Schädlingsplage kommt. Denn bei vielen Arten entscheidet erst das Wetter im Frühling und Frühsommer darüber, wie sich die Populationen entwickeln. Den meisten heimischen Arten schade mildes und feuchtes Winterwetter mehr als Frost, sagt Claudia Willmer von der Abteilung Pflanzenbau, Pflanzenschutz und Umwelt der Landwirtschaftskammer.

„Für die Schädlingsentwicklung spielen neben dem Winterwetter noch andere Faktoren eine Rolle. Es kommt auch auf das Ausgangspotenzial an, das im letzten Herbst in den Winter gegangen ist, und auch auf die Witterungsbedingungen im folgenden Frühjahr“, sagt Willmer. Probleme haben Landwirte allerdings schon jetzt mit Feldmäusen: „Nach dem milden Winter gibt es auf Grünlandflächen und in frühen Ackerbaukulturen einen starken Befall.“

Borkenkäfer und Blattläuse haben den Winter überlebt

Auch die Borkenkäfer haben den milden Winter zwar überlebt. „Aber es gab im vergangenen Jahr relativ wenige, da 2014 für die Käfer zu feucht und zu warm war“, erklärt Jens Bosse, Sachgebietsleiter Waldbau und Waldschutz der schleswig-holsteinischen Landesforsten. „Wie stark sie sich jetzt vermehren, hängt vom Wetter der nächsten Wochen ab - und davon, wie viel Brutmaterial vorhanden ist.“ Das Problem sei weniger der milde Winter als die Folgen von Sturm „Niklas“, der viele Bäume zu Fall gebracht habe.

Wenn die Temperaturen im April mehrere Tage hintereinander über zwölf Grad Celsius liegen, schwärmen die Käfer aus, bohren sich durch die Rinde ihrer Wirtsbäume und legen dort Brutgänge für ihre Nachkommen an. Dadurch werden die Saftbahnen unterbrochen und die Bäume sterben ab.

Auch die Blattläuse haben den Winter offenbar gut überstanden. „An Obstbäumen gibt es aktuell zwar mehr Blattlaus-Eier als in den Vorjahren“, sagt Willmer. Doch auch bei diesen Schädlingen spiele das Wetter im Frühjahr und Frühsommer eine große Rolle: „Ein Kälteeinbruch oder eine längere Regenperiode kann die Blattläuse auch wieder dezimieren. Außerdem sind auch die Marienkäfer als Gegenspieler der Läuse früh aktiv.“ In milden Wintern überleben neben den befruchteten Eiern auch die erwachsenen Blattläuse des Vorjahres, die im Frühjahr lebende Junge gebären.

Nacktschnecken mögen keine Trockenheit

Ähnlich sieht es mit den gefräßigen Nacktschnecken aus, die vor allem Hobbygärtnern das Leben schwer machen. Auch hier wurden die Populationen kaum dezimiert. Das trockene Wetter der vergangenen Tage ist aber nach Angaben der Landwirtschaftskammer ungünstig für die Tiere, so dass Gemüse und Zierpflanzen bislang von Nacktschnecken weitgehend verschont geblieben sind.

Auch für Zecken war das Jahr bislang eher schlecht. „In Norddeutschland ist es derzeit trocken und windig, beides mögen Zecken gar nicht“, sagt der Parasitologe Franz-Rainer Matuschka vonder Hochschulambulanz der Universität Potsdam. Für ihre Verbreitung benötigten die blutsaugenden Parasiten neben günstigen Umweltbedingungen und einem geeigneten Lebensraum vor allem einen Wirt für die Zeckenweibchen, zum Beispiel Katzen. „Das Wetter hat schon einen Einfluss auf die Zeckenpopulation, aber der ist so komplex, dass er bisher nicht vollständig entschlüsselt worden ist.“

Mücken-Eier können minus 20 Grad überstehen

Ob der Winter kalt oder mild ist, spielt auch für Mücken keine Rolle. „Die Vorstellung, dass, wenn es richtig kalt ist, dann die Mücken tot sind, ist Quatsch“, sagt der Virologe und Mücken-Experte Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. Die Mücken-Eier hätten kein Problem, minus 20 Grad zu überdauern. Wärme in Kombination mit Feuchtigkeit fördere dagegen die Vermehrung. Wenn es aber im April oder Mai noch mal einen richtigen Kälteeinbruch gebe, „dann wäre das ein kleiner Genickbruch für die Viecher“, sagt Schmidt-Chanasit.