Kiel. Klimaforscher Latif warnt vor weiter steigendem CO2-Ausstoß. Hoffnung durch Wandel in China
Der Menschheit bleiben aus Expertensicht nur noch rund 15 Jahre, um den Klimawandel einigermaßen in den Griff zu bekommen. „Wenn der weltweite CO2-Ausstoß 2030 immer noch steigt, wird es zu spät sein“, sagte Klimaforscher Mojib Latif vom Kieler Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung. Er legte sich zum ersten Mal öffentlich so konkret fest.
Latif ist besorgt und zuversichtlich. „Seit Beginn der Verhandlungen zum Klimaschutz Anfang der 1990er stieg der globale CO2-Ausstoß um 60 Prozent – das ist schon Wahnsinn.“ Aber es gebe Hoffnungssignale. Dazu gehöre, dass nach vorläufigen Berechnungen 2014 der CO2-Ausstoß nicht zunahm. „Vorher gab es das nur bei weltweiter Rezession, aber diesmal hatten wir global ein vernünftiges Wachstum.“ Der Hoffnungsschimmer gehe vor allem darauf zurück, dass China weniger Kohle verbraucht und mehr Solarenergie genutzt hat. Latif: „Aber vielleicht signalisiert es das, was ich immer gehofft habe: Dass sich am Ende die bessere Technik und Rationalität durchsetzen.“
Würden die Amerikaner nachziehen und ihr großes Potenzial an erneuerbaren Energien stärker nutzen, gäbe es noch mehr Hoffnung, sagte Latif. „Aber eine gewisse weitere Erwärmung können wir nicht mehr stoppen, weil das System träge ist“, sagte Latif. „Die Meere haben in den vergangenen 40 Jahren ungefähr 90 Prozent der Wärme aufgenommen, die durch das Mehr an Treibhausgasen in der Luft entstanden war.“ Zumindest einen Teil dieser Wärme würden die Meere in den nächsten Jahrzehnten wieder an die Atmosphäre abgeben.
Würde der globale CO2-Ausstoß von 2030 an fallen und bis Ende des Jahrhunderts auf null sinken, würde sich die Erde um weniger als zwei Grad erwärmen gegenüber der vorindustriellen Zeit, sagte Latif. „Wenn wir das nicht hinbekommen, bekämen wir Erwärmungen von drei, womöglich vier Grad im weltweiten Durchschnitt.“
Die ganz offensichtlichen Folgen der Erwärmung seien in Deutschland vor allem im Winter zu beobachten, sagte Latif. „In meiner Kindheit war Winter der Regelfall, heute ist er die Ausnahme“, sagte der 60-Jährige. Die Vegetationsperiode sei ein bis zwei Wochen länger als vor 50 Jahren.