Vier Kreise in Schleswig-Holstein planen Schnellladestationen für Elektrofahrzeuge entlang der Strecke A23 und B. Und: Hamburg will Schnellladestation in der Hansestadt von 200 auf 600 verdreifachen.
Itzehoe. Entlang der Autobahn23 soll von Hamburg bis Dänemark ein lückenloses Netz von Stromtankstellen für Elektroautos entstehen. Die vier Kreise Pinneberg, Steinburg, Dithmarschen und Nordfriesland, die sich zur Projektgesellschaft Norderelbe in Itzehoe zusammengeschlossen haben und durch die die Westküstenautobahn führt, haben jetzt eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die die Elektromobilität fördern und zugleich Kaufkraft in die Region holen soll. Die Studie soll neben dem Bedarf, den Kosten und der Wirtschaftlichkeitsberechnung auch geeignete Standorte für die Schnellladestationen benennen, an denen die vorbeifahrenden Autofahrer die Batterie ihrer Elektrofahrzeuge aufladen können.
Wer ein E-Auto besitzt, müsse es heute meist über Nacht an seine Steckdose zu Hause anschließen, begründet Wirtschaftsförderer Harald G. Schroers diese Initiative, an der neben den vier Kreisen, deren Wirtschaftsförderungsgesellschaften und alle drei Industrie- und Handelskammern des Landes Schleswig-Holstein beteiligt sind. Erst nach sechs Stunden sei die Batterie der meisten E-Autos wieder voll aufgeladen, die dann eine Reichweite von etwa 150 Kilometern hätten. Um den umweltbewussten Autofahrern auch längere Fahrten oder gar Urlaubsreisen mit dem abgasfreien Fahrzeug zu ermöglichen, müsse es ein dichtes Netz von Stromtankstellen geben, die den Aufladevorgang auf höchstens 30 Minuten begrenzen, erläutert Schroers.
„Wir wollen zuerst die A23 und die B5 abdecken“, erläutert Dieter Harrsen, der Landrat Nordfrieslands und Vorsitzender der regionalen Kooperation A23 und B5, die die bei Heide endende Autobahn bis nach Dänemark verlängert. „Touristen und Tagesgäste könnten künftig bequem an der Westküste und der Unterelberegion mit dem Elektroauto unterwegs sein“, sagt Landrat Harrsen. „Wir legen Wert darauf, dass alle Autotypen die Schnellladestationen nutzen können“, ergänzt Gunnar Thöle, Klimaschutzmanager des Kreises Nordfriesland, der die Leitung der kreisübergreifenden Projektgruppe übernommen hat. Die drei gängigen Steckersysteme seien vorgesehen. „Nach Abschluss der Untersuchung werden wir mit interessierten Betreibern sprechen, damit zügig gebaut und die Finanzierung gesichert werden kann“, sagt Thöle über die nächsten Schritte.
Alle 20 bis 30 Kilometer eine neue E-Ladestation
Die Stromtankstellen sollten dabei nicht nur direkt an der Autobahn alle 20 bis 30 Kilometer gut zu erreichen sein, erklärt Wirtschaftsförderer Schroers. Sie müssten dem Autofahrer auch Gelegenheit geben, die Wartezeit sinnvoll zu nutzen, während sein Elektroauto auflädt. Darum kämen touristische Anziehungspunkte wie das Multimar-Wattforum in Tönning, das Sturmflutmuseum Blanker Hans in Büsum oder das Arboretum in Ellerhoop dafür infrage. Auch sollten Einkaufszentren, Gaststätten und andere Besuchermagnete in die Planung einbezogen werden. „Wir sollten am Ende ein dichtes Netz an potenziellen Standorten bekommen, die den Autofahrer nicht nur schnell wieder weiterfahren, sondern ihn auch in der Region halten lassen“, erläutert Schroers die Vision der vier Kreise. „Wenn er während des Stromtankens essen geht, einkauft oder am Deich spazieren geht, haben auch der Handel und die Gastronomie etwas davon. Das schafft Kaufkraft in der Region.“ Zudem könnte es Apps fürs Smartphone geben, die dem Autofahrer die nächste freie Stromtankstelle auf dem Handy anzeigen.
Mit der Initiative stehen die A-23/B-5-Kreise nicht allein. Hamburg habe gerade beschlossen, für fünf Millionen Euro die bereits vorhandenen 200 Schnellladestation in der Hansestadt auf 600 zu verdreifachen, sagt Jörg Rudat, Innovationsmanager vom Hansewerk in Quickborn, an dem alle elf Kreise des Landes beteiligt sind und das selber plant, im nördlichen Hamburger Umland 50 Schnellladestationen für E-Mobile einzurichten. „Wir erwarten noch vor Weihnachten den Förderbescheid des Bundes für dieses Projekt.“ Ein dänisches Energieversorgungsunternehmen habe zudem gerade EU-Fördergelder erhalten, um 2015 das Streckennetz von Kopenhagen nach Stockholm mit schnellen Stromtankstellen zu verdichten. Auch die Bundesregierung hat in der vorigen Woche angekündigt, 400 zusätzliche Ladesäulen auf den Raststätten der Bundesautobahn aufstellen zu wollen. Die bundesweit erst 4800 Ladestationen werden von der Industrie als Hauptgrund für die noch schleppende Nachfrage nach E-Fahrzeugen angesehen, von denen zurzeit 24.000 Fahrzeuge zugelassen sind.
„Es tut sich gewaltig etwas auf dem Gebiet der Elektromobilität“, sagt der Zukunftsforscher Rudat. Um dem abgasfreien Autofahren den Durchbruch zu verschaffen, müsse es neben dem dichten Netz von Schnellladestationen auch ein einheitliches Steckersystem für diese Fahrzeuge geben, die zurzeit noch mit drei verschiedenen Varianten über Gleich-, Wechsel- und Einphasenstrom geladen würden. Ähnlich wie sich früher bei den Videorecordern letztlich das VHS-System durchsetzte, sollte auch hier ein industrieller Standard erreicht werden, der allen E-Mobilisten das Leben und Fahren leichter machen würde.