Eine Konferenz in Kopenhagen informiert zum Stand des Großprojektes. Über Perspektiven der ganzen Region wird in Kopenhagen diskutiert. Die Fortschritte auf deutscher Seite sind indes mühsam.

Hamburg. Von Hamburg nach Kopenhagen per Bahn in drei Stunden. Südschweden so nah wie das Ruhrgebiet. Die westliche Ostsee als eine der fortschrittlichsten und wirtschaftlich stärksten Regionen in Europa.

Viele Hoffnungen verbinden sich mit der geplanten festen Querung des Fehmarnbelts, eines Tunnels, der vom 2022 an die Fährverbindungen der Vogelfluglinie zwischen Puttgarden und Rødby ersetzen soll. Nur noch acht Jahre sind es bis dahin, und doch bleibt es ein weiter Weg. „Die Metropolregionen Hamburg und Kopenhagen durch eine feste Fehmarnbeltquerung enger miteinander zu verbinden, ist eine Riesenchance“, sagt Hamburgs Wirtschafts- und Verkehrssenator Frank Horch (parteilos). „Man muss nicht über die Grenze schauen, um zu verstehen, welchen Nutzen solche Verbindungen bringen. Man muss sich nur die heutige Nähe zwischen Hamburg und Berlin vor Augen halten, vor allem durch den Ausbau der ICE-Verbindungen nach der deutschen Einheit.“

Zum zweiten Mal nach 2012 finden in dieser Woche die „Fehmarnbelt Days“ statt, eine hochrangig besetzte Konferenz in Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen, an der unter anderem Hamburgs 2. Bürgermeisterin Dorothee Stapelfeldt und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig teilnehmen werden, Kopenhagens Oberbürgermeister Frank Jensen und Dänemarks Verkehrsminister Magnus Heunicke. Eine Veranstaltung aber vor allem, die, wie schon 2012 in Hamburg und in Lübeck, den Bürgern das Großprojekt des geplanten Fehmarnbelttunnels näher bringen soll.

Rund 5,5 Milliarden Euro Kosten veranschlagt das dänische Staatsunternehmen Femern A/S für den Bau des 17,6 Kilometer langen Absenktunnels. Dänemark übernimmt die Vorfinanzierung und den Bau. Die Mautgebühren für die Nutzung des Tunnels auf Straße und Schiene sollen in den folgenden drei Jahrzehnten die Baukosten wieder einspielen. Vor allem Dänemark und auch Schweden hatten sich in der Frühphase der Planungen seit den 90er Jahren für das Konzept einer festen Fehmarnbeltquerung stark gemacht.

Fehmarnbelttunnel soll eine Region schaffen


Im Rahmen der Europäischen Union soll das Bauwerk die Lücke schließen, um eine durchgehende Ferntrasse von Skandinavien bis nach Sizilien zu schaffen. Sie ist Teil des Trassensystems, das die Europäische Union für eine stärkere Integration des Binnenmarktes vorantreibt. Das dänische Parlament, das Folketing, soll für das für den Fehmarnbelttunnel nötige Baugesetz im Frühjahr 2015 verabschieden.

Den Sinn und Nutzen einer festen Fehrmarnbeltquerung leiten die Dänen und Schweden vor allem aus ihren Erfahrungen mit der rund 7,9 Kilometer langen Öresundbrücke ab, die seit dem Jahr 2000 Kopenhagen und das schwedische Malmö verbindet. „Die Öresundquerung hat eine Region geschaffen, und genau dieses Potenzial hat der Fehmarnbelttunnel auch“, sagt Kopenhagens Flughafenchef Thomas Woldbye. „Wir können diese nordeuropäische Region schaffen und gestalten.“

Eine Stärkung des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes zwischen Deutschland und Dänemark, Erleichterungen beim Gütertransport, aber auch eine intensivere touristische Verbindung der westlichen Ostsee sind Argumente für eine feste Beltquerung. Dagegen steht die Angst der Bewohner auf der Insel Fehmarn, zu einer reinen Transitinsel für den Bahn-, Pkw- und Lastwagenverkehr degradiert zu werden. Große Bedenken gibt es auch entlang der deutschen Ostseebäder, dass künftig der Bahn-Güterverkehr, der heutzutage über Flensburg und Jütland nach Dänemark läuft, die touristische Qualität von Orten wie etwa Scharbeutz oder Timmendorfer Strand zunichte machen könnte.

„Die Dynamik bei diesem Projekt ist in Dänemark ausgeprägter als bei uns“


„Es gibt bei den Planfeststellungsverfahren auf deutscher Seite noch erhebliche Hürden, etwa den Trassenverlauf für die künftige Bahnanbindung“, sagt Wirtschaftssenator Horch. „Die Umfahrung der Ostseebäder etwa muss unbedingt realisiert werden, damit der Tourismus als zentrale Einnahmequelle dieser Orte nicht leidet. Bei den Planungen zu diesem Jahrhundertprojekt kommt es darauf an, dass Hamburg, Schleswig-Holstein, der Bund und Dänemark weiterhin sehr eng kooperieren.“

Offen ist bislang auch, wie die Fehmarnsundquerung künftig aussehen soll. Die alte Bahn- und Autobrücke vom Festland nach Fehmarn aus den frühen 60er Jahren muss im kommenden Jahrzehnt ersetzt werden. Das Bundesverkehrsministerium erwägt derzeit zwei Brücken, eine für den Auto-, eine für den Bahnverkehr, die jedoch nicht vor 2025 fertig gestellt wären. Auch ein Tunnel wäre am Fehmarnsund denkbar. Die Menschen in der Region bevorzugen einen Tunnel, weil er im Gegensatz zu Brücken nicht windanfällig wäre. Die Bundesregierung favorisiert hingegen die billigere Brückenlösung.

Deutlich wird allerdings auch hier, dass die deutsche Seite das Fehmarnbelt-Projekt bislang insgesamt mit deutlich weniger Begeisterung betreibt als die dänische. Voraussichtlich im kommenden Jahr soll das nötige Planungsrecht für den Fehmarnbelttunnel in Deutschland vorliegen. „Die Dynamik bei diesem Projekt ist in Dänemark schon ausgeprägter als bei uns“, sagt Horch. „Aber aus Hamburger Sicht, auch in enger Kooperation mit Kopenhagen, gibt es keinen Zweifel daran, welchen Nutzen die feste Fehmarnbeltquerung der Region, unseren Ländern und der Europäischen Union bringen wird.“