Der Streit um die Ehrenpromotion für NSA-Enthüller Snowden geht in eine neue Runde. Nach der Ablehnung durch Rektor Schareck wartet die Fakultät nun mit einem Gutachten auf, das ihre Haltung bestätigt. Notfalls will sie Bildungsminister Brodkorb anrufen.

Rostock. Der Ex-Bundesverfassungsrichter Brun-Otto Bryde unterstützt nach Angaben der Philosophischen Fakultät der Universität Rostock eine Ehrenpromotion für den NSA-Enthüller Edward Snowden. Gleichzeitig kritisiere er in einem Gutachten die Beanstandung des Promotionsverfahrens durch Uni-Rektor Wolfgang Schareck. Dieser überschreite laut Bryde Grenzen, die ihm als Rechtsaufsicht bei der Überprüfung akademischer Entscheidungen gesetzt sind, sagte der Dekan der Fakultät, Hans-Jürgen von Wensierski, am Dienstag.

Am Mittwoch kommender Woche werde sich der Fakultätsrat erneut mit dem Thema befassen. Dabei werde er empfehlen, der Beanstandung des Rektors zu widersprechen, sagte von Wensierski. Er appellierte an Schareck, seine Entscheidung vor dem Hintergrund dieser „gewichtigen rechtlichen Beurteilung“ zu überdenken und die Beanstandung zurückzunehmen. Sollte dies nicht geschehen, werde Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) angerufen. Der Dekan betonte, dass auch dieser nur die Rechtmäßigkeit des Verfahrens zu bewerten habe. Brodkorb selbst ist Absolvent eines Philosophiestudiums in Rostock. Mitte Mai hatte die Fakultät beschlossen, Snowden zum Ehrendoktor zu erklären.

Mit der Enthüllung der Abhörpraktiken des US-Geheimdienstes NSA habe der frühere NSA-Mitarbeiter die Funktion eines klassischen Aufklärers erfüllt. Snowden sei zwar auf den ersten Blick nicht der typische Wissenschaftler. Er habe aber mit seiner Leistung wichtige Datenbestände erschlossen. Er sei methodisch kontrolliert mit Daten umgegangen, er habe das Datenmaterial analytisch durchdrungen, hieß es zur Begründung. Zudem gelten bei Ehrenpromotionen andere Regeln. Da gehe es um die wissenschaftliche Leistung im Verbund mit der Persönlichkeit. Eine Woche später hatte Schareck das Verfahren gestoppt. Die Übergabe eines Datenbestandes an Medien könne nicht als wissenschaftliche Leistung gewertet werden, die auch für eine Ehrendoktorwürde erforderlich sei, sagte der Rektor.

Wie von Wensierski am Dienstag weiter sagte, komme Bryde in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass allein die Fakultät darüber zu entscheiden habe, was sie als wissenschaftlich anerkennt. „Nach alldem hat die Fakultät von dem ihr zustehenden Recht, einen Ehrendoktortitel zu vergeben, ohne Rechtsfehler Gebrauch gemacht“, zitierte der Dekan den Ex-Verfassungsrichter. Bei einer Beibehaltung der Beanstandung durch den Rektor oder Brodkorb sehe Bryde für einen Rechtsstreit große Erfolgsaussichten für die Fakultät.