Die Staatsanwaltschaft Hannover will sich im Korruptionsprozess gegen Christian Wulff noch nicht geschlagen geben. Sie will sieben weitere Zeugen hören. Darunter ist auch Wulffs Ex-Sprecher Olaf Glaeseker.

Hannover. Ausgerechnet Olaf Glaeseker. Als Oberstaatsanwalt Clemens Eimterbäumer am Donnerstag im Korruptionsprozess gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff die Vernehmung des einstigen Sprechers und ehemals engsten Vertrauten beantragt, wird es im Saal 127 des Landgerichts Hannover für einen kurzen Moment ganz still. Auch der bis dato gut aufgelegte und gerne lächelnde Wulff blickt plötzlich ernst zu Boden. Denn bis zum schlagzeilenträchtigen Rauswurf Glaesekers im Dezember 2011 waren beide Männer praktisch untrennbar. Wo immer rund um den Erdball Wulff auftrat, war Glaeseker nicht weit – egal ob in Wulffs Zeit als niedersächsischer Regierungschef oder später als Staatsoberhaupt.

Jetzt soll Glaeseker, gegen den seit einigen Wochen an gleicher Stelle ebenfalls ein Korruptionsprozess wegen möglicher Bestechlichkeit läuft, für die Staatsanwaltschaft das baldige Ende des Wulff-Prozesses verhindern. Denn bislang hatte die Strafkammer um Richter Frank Rosenow keinen Hehl daraus gemacht, das seit Mitte November laufende Verfahren rapide abkürzen zu wollen. Noch im Januar sollte das Urteil fallen, hatte der Richter erst in der vergangenen Woche betont. Ursprünglich war dies für April vorgesehen.

Beobachter hatten nach dem Prozessverlauf zudem bisher vermutet, dass ein Freispruch Wulffs derzeit deutlich wahrscheinlicher ist als eine Verurteilung. Denn Beweise oder belastende Zeugenaussagen für die in der Anklage formulierte Vorteilsannahme suchte man bislang vergebens.

Eimterbäumer setzt also große Hoffnungen in seinen vermutlich letzten Trumpf Glaeseker, den er am Donnerstag für viele unerwartet wie ein Ass aus dem Ärmel zog. „Die Anhörung im Prozess ist entscheidend, weil sie zeigt, auf welche Weise Wulff den Wünschen Groenewolds gefolgt ist“, betonte er. Glaeseker sei 2008 sowohl mit Wulff als auch mit dem mitangeklagten Filmfinancier David Groenewold freundschaftlich verbunden gewesen. Deshalb könne er nach wie vor offene Fragen zu den Absprachen rund um den dubiosen Oktoberfest-Besuch klären. Dazu gehöre das Verhältnis von dienstlichen und privaten Terminen bei Wulff.

Die Brisanz einer möglichen Aussage Glaesekers steckt aber nicht nur in dessen einstiger Vertrautheit zu Wulff – dieser bezeichnete den heute 52-Jährigen immerhin einst als seinen „siamesischen Zwilling“. Die Brisanz steckt auch in der Geschichte beider Männer: Seit Juni 2012 herrscht Funkstille zwischen den beiden, damals sahen sie sich auf Wulffs Geburtstagsfeier zum letzten Mal.

Wenige Tage später sagte Wulff bei der Staatsanwaltschaft erstmals gegen Glaeseker aus. Der Ex-Sprecher soll nach Ansicht der Ermittler von Party-Manager Manfred Schmidt mit Gratis-Urlauben bestochen worden sein, damit er Sponsoren für die Promi-Fete Nord-Süd-Dialog warb. Mit Fete glänzten zwar Wulff und das Land Niedersachsen, aber Schmidt soll daran finanziell kräftig verdient haben. Wulff will davon nichts gewusst haben – obwohl Glaeseker sagt, sein damaliger Chef sei über sein Handeln stets im Bilde gewesen. Nach der Aussage brach der Kontakt zwischen beiden Männern ab.

Am 10. Februar ist Wulff nun als Zeuge im Prozess gegen Glaeseker geladen. Dann wird sich zeigen, ob er bei seiner Aussage bleibt, oder ob er sie relativiert und dadurch Glaeseker entlastet. Der Auftritt wird mit großer Spannung erwartet – sollte Wulff nachgewiesen werden, dass er sehr wohl mehr von Glaesekers Treiben wusste, dürfte dies auch seinem Ruf nicht zuträglich sein. Und genau den will Wulff ja durch einen Freispruch im eigenen Verfahren wieder aufpolieren.

Im Verfahren gegen Wulff muss jetzt abgewartet werden, ob Richter Rosenow den Ex-Sprecher Glaeseker und sechs weitere Zeugen nun doch noch hören will – oder ob er kurzen Prozess machen will.