Vernehmung des Chefermittlers ohne Überraschungen. Ein Zeuge soll am 9. Januar noch gehört werden, dann folgen die Plädoyers und der Richterspruch.

Hannover. Das Ende ist nah: Nur noch einen Kriminalbeamten will Richter Frank Rosenow im Prozess gegen Christian Wulff und David Groenewold am nächsten Verhandlungstag vernehmen, dann sollen die Plädoyers verlesen werden. Wenige Tage später will der Richter ein Urteil sprechen. Am Donnerstag stieg die Strafkammer des Hannoveraner Landgerichts noch einmal in das Klein-Klein der Beweisaufnahme ein und befragte den Ermittlungsführer im Landeskriminalamt, Johann S.

Rosenow wollte von dem Beamten wissen, wie die Ermittlungen abliefen und erkundigte sich insbesondere nach Vorwürfen, die gar nicht mehr Gegenstand der Anklage wurden; dazu gehören etwa eine Reise nach Sylt im Jahr 2007, die Groenewold teilweise bezahlt und die Wulff bar an seinen Freund zurückerstattet haben will.

Chef-Ermittler S. sagte klar, was er von dieser Aussage hält: „Wir konnten das Gegenteil nicht beweisen. Wir sind aber davon ausgegangen, dass eine solche Zahlung nicht erstattet worden ist.“

Die Fahnder nahmen im Sylter Hotel „Stadt Hamburg“ sämtliche Reservierungs- und Buchungslisten unter die Lupe – und fanden dabei auch „Vollmassagen“, die Groenewold für das Ehepaar Wulff gebucht haben sollte. Das Personal konnte sich nicht mehr erinnern, ob sie Bettina Wulff oder ihren Mann durchgeknetet hatten, und auch Frau Wulff bestritt gegenüber der Polizei, Wellness-Anwendungen erhalten zu haben. Die Rechnung im Spa-Bereich betrug 1300 Euro. Dazu kamen Restaurantaufenthalte in Promi-Restaurants wie der „Sansibar“.

Geschäftliches und Privates gerieten bei Wulff offenkundig häufiger durcheinander, etwa, wenn er sich von Groenewold am Rande der Berlinale zu einem Dinner mit dem Motto „Ein Abend unter Freunden“ einladen ließ. Solche Events nutzte der Filmproduzent, um seine Anliegen wie die Steuerfreiheit vom Film-Fonds zu pushen. Wulff wiederum schrieb sich als niedersächsischer Ministerpräsident die Filmförderung auf die Fahnen. So sicherte das Land Niedersachsen einen Fünf-Millionenkredit einer Groenewold-Firma mit einer Landesbürgschaft ab. Richter Rosenow will wissen, wo denn dann die Gegenleistung Wulffs für die vielen Einladungen ermittelt worden sei, es müsse ja für die Anklage zur Vorteilsgewährung gekommen sein. Polizist H. meint, das habe alles dazu gedient, Wulff „allgemein bei Laune zu halten“, eine Art politischer Landschaftspflege also.

Allerdings setzte sich Wulff konkret für ein Projekt von Groenewold ein, einen Film über John Rabe, der Siemens-Ingenieur, der in den 30er-Jahren in Shanghai Hunderttausende Chinesen vor den einfallenden Japanern rettete. Wulff schrieb einen Brief an den damaligen Siemens-Chef Peter Löscher, in dem er um Unterstützung des Konzerns für das Projekt warb; erfolglos. Und er schrieb einen zweiten, in dem er sich über die Tatenlosigkeit beklagte und den Konzernlenker bat, sich wenigstens bei der Vermarktung des inzwischen abgedrehten Films zu engagieren.

Die Kammer wird zu entscheiden haben, ob das ein strafrechtlich unzulässiges Werben war, als Dankeschön für subventionierte Luxus-Aufenthalte, oder ob solche Briefe zum Tagesgeschäft eines Spitzenpolitikers gehören.

Ein erstes „Urteilchen“ scheint im Schwange zu sein: Groenewold soll wegen einer falschen eidesstattlichen Versicherung belangt werden. Sein Einkommen gab er gegenüber Richter Rosenow mit „null“ an, wobei er Zeigefinder und Daumen zu einer „0“ formte und hochstreckte.

Daraufhin warf der Richter eine Zahl in den Raum: Er könne sich vorstellen, dass Groenewold etwa 1000 Euro Strafe zahlen müsse. Das schien sowohl für die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft eine angemessene Summe zu sein. Am 9. Januar wird der Prozess fortgesetzt.