Wo die Metropolregion Hamburg boomt. Auch Stormarn legt noch kräftig zu. Kreis Segeberg verliert Einwohner. Immer mehr Singlehaushalte. Die Zahl der Jobs in Harburg nimmt zu.
Hamburg. Wie leben die Einwohner der Metropolregion Hamburg im Jahr 2025? Wie werden sich die Städte und Gemeinden rund um Hamburg entwickeln? Manche Städte und Gemeinden wie Tornesch (Kreis Pinneberg) und Winsen (Landkreis Harburg) werden wachsen, manche wie die Kreisstadt Bad Segeberg schrumpfen. Die Wachstumsgemeinden weisen Baugebiete für junge Familien aus und planen neue Gewerbegebiete, um die Gewerbesteuereinnahmen zu steigern, weniger Schulden zu machen und die städtischen Aufgaben zu meistern.
Städte entlang der Autobahnen 1, 7 und 23 haben bessere Chancen zu expandieren, weil die Einwohner schnell in die Metropole Hamburg pendeln wollen. Auch gute Eisenbahnverbindungen sind von Vorteil. Das Hamburger Abendblatt hat sich in den Kreisen Pinneberg, Segeberg, Stormarn sowie im Landkreis Harburg umgeschaut und sagt, wo die „Boomtowns“ im Umland in den kommenden Jahren entstehen.
Kreis Pinneberg: Die Bevölkerung wird von knapp 300.000 Einwohnern bis 2025 auf rund 309.000 Einwohner wachsen. Die „Boomtown“ im flächenmäßig kleinsten, aber bevölkerungsreichsten Kreis des nördlichsten Bundeslandes ist die 12.600-Einwohner-Stadt Tornesch. „Wir sind die Stadt im Kreis, die am meisten wächst“, sagt Bürgermeister Roland Krügel (CDU) stolz. „Im Jahr 2025 wollen wir 15.000 bis 16.000 Einwohner haben.“ Derzeit sind in Tornesch 1000 Wohneinheiten in Bau oder in Planung. Allein im Baugebiet „Tornesch am See“ – auf 37 Hektar mitten in der Stadt gelegen – sollen 850 Wohneinheiten für 2000 Menschen entstehen. Auch das Gewerbegebiet Oha an der A-23-Abfahrt Tornesch boomt. Krügel: „Unsere Gewerbesteuern sollen von zehn Millionen Euro auf 15 bis 20 Millionen Euro steigen.“
Quickborn wächst auch stark. „Aber wir wollen ganz bewusst wachsen, um etwa 200 Einwohner pro Jahr“, sagt Bürgermeister Thomas Köppl (CDU). „Dieses Wachstum brauchen wir, um den demografischen Wandel zu meistern.“ Bis 2025 soll die Einwohnerzahl von derzeit 20.600 Einwohnern auf 22.000 bis 23.000 Einwohner steigen.
Auch Elmshorn, die größte Stadt im Kreis, will wachsen – von derzeit 47.500 Einwohnern auf knapp über 50.000 Einwohner. „Wir werden in den kommenden fünf Jahren 500 neue Wohneinheiten in der Stadt schaffen“, sagt der Erste Stadtrat und designierte Bürgermeister Volker Hatje (parteilos). Östlich der A-23-Abfahrt Elmshorn will die Stadt ein neues Gewerbegebiet bauen, um die Gewerbesteuereinnahmen von derzeit rund 23,5 Millionen Euro auf „deutlich über 25 Millionen Euro“ zu steigern. Pinneberg – die zweitgrößte Stadt – will seine rund 42.000 Einwohner nur halten. „Um die Folgen der demografischen Entwicklung auszugleichen, müssen wir jährlich rund 150 Wohneinheiten bauen“, sagt Bauamtsleiter Klaus Stieghorst. Wedels Bürgermeister Niels Schmidt wünscht sich ein „maßvolles, qualitatives Wachstum“: von derzeit knapp 32.000 auf 33.000 bis 34.000 Einwohner innerhalb von zwölf Jahren. Harald G. Schroers, Chef der Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft des Kreises Pinneberg (WEP) sagt selbstbewusst: „Mit 82.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und 15.000 Unternehmen sind wir der wirtschaftlich stärkste Kreis im Land. Kein Kreis bietet mehr.“
Kreis Segeberg: Die Einwohnerzahl bleibt relativ konstant – erst wird ein leichter Anstieg bis 2020, dann eine rückläufige Entwicklung erwartet, während der Anteil der älteren Menschen zunimmt. So wächst die Gruppe der Menschen, die 65 Jahre und älter sind, um fast ein Drittel. Die Zahl der Menschen unter 20 Jahren nimmt um 15 Prozent ab. Orte entlang der A7 werden weiter wachsen – Kaltenkirchen am meisten: Bis zum Jahr 2030 soll die Einwohnerzahl um 2720 steigen. Aber auch Norderstedt, Henstedt-Ulzburg, Ellerau und Bad Bramstedt werden mehr Einwohner haben. Alle anderen Städte und Gemeinden im Kreis Segeberg erleben einen Negativtrend, der dramatische Ausmaße annimmt: So wird die Einwohnerzahl Bornhöveds um 1580 zurückgehen, die Kreisstadt Bad Segeberg wird einen Bevölkerungsschwund von 1860 Menschen erleben, in den Gemeinden des Amtes Kisdorf wird es 890 Menschen weniger geben, Wahlstedts Bevölkerung geht um 1320 zurück.
Die Zahl der Haushalte mit Kindern nimmt deutlich ab, die der Seniorenhaushalte deutlich zu. Vor allem die Singlehaushalte mit Menschen über 60 Jahren werden ansteigen. „Die Orte müssen ihren Weg finden“, sagt Segebergs Landrätin Jutta Hartwieg. „Entweder sie stoppen den Trend oder sie machen das Beste daraus.“
Kreis Stormarn: Der Kreis gilt nicht mehr als Boomregion im eigentlichen Sinne. Aber was seine künftige Wirtschaftskraft angeht, landet er in einem bundesweiten Ranking auf Platz 82 von 402 – und hat damit als einziger im Norden das Prädikat „Zukunftschancen“. Eine Prognose sagt bis zum Jahr 2030 ein Bevölkerungsplus von 5,2 Prozent auf dann rund 240.500 Einwohner voraus. Alle sechs Städte und auch alle größeren unter den 49 Gemeinden sollen wachsen – teilweise sogar deutlich. Zur Spitzengruppe zählt Bargteheide mit einem Zuwachs um 13,7 Prozent. Für Ahrensburg werden 8,9 und für Glinde 8,4 Prozent erwartet. Nur einige kleine Dörfer werden Einwohner verlieren. In allen Orten wird die Zahl der Senioren zunehmen, in einigen um gut 50 Prozent. Der Berliner Verkehrsplaner Rümenapp: „Es wird einen Bedarf an zusätzlichem, insbesondere auch an anderem Wohnraum geben.“ Er spricht von zehn Prozent mehr Haushalten im Jahr 2030 – weil die Zahl der Haushalte mit drei, vier und mehr Personen rückläufig sein werde, während die der Zwei- und insbesondere die der Einpersonenhaushalte deutlich steige.
Landkreis Harburg: Der Kreis gilt als Boomregion. Die Arbeitslosenquote liegt unter fünf Prozent und die Zahl der Jobs nimmt zu. Sie stieg innerhalb von zehn Jahren um mehr als 7000 auf 52.566 – Tendenz: positiv. Die Kreisstadt Winsen hat 34.715 Einwohner, gut 2000 mehr als vor zehn Jahren. Bis es 35.000 sind, dürfte es nur zwei Jahre dauern. „Wir haben zuletzt jedes Jahr um 200 bis 500 Neubürger zugelegt. Das wird sich fortsetzen“, sagt Wirtschaftsförderer Matthias Wiegleb. Die Gewerbesteuer stieg seit 2003 von 3,1 auf 8,2 Millionen Euro. Tendenz: steigend. Auch für Buchholz (40.000 Einwohner) entscheiden sich immer mehr Menschen. 2012 kamen 500 Neubürger dazu. Wie Möbel Kraft sollen künftig weitere Firmen qualifizierte Jobs bereitstellen. Bürgermeister Wilfried Geiger (parteilos) will Bauland ausweisen und Neubürger aus angrenzenden Regionen holen. „Der Landkreis Harburg und seine Städte profitieren von ihrer Lage an den großen Verkehrsachsen nach Süden“, sagt Alkis Otto, Regionalökonom beim Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut. „Die Pendler haben in Hamburg gute Jobs und finden in Buchholz, Winsen oder den Gemeinden in der Nähe günstigere Wohnungen und Häuser. Ihre Arbeitsplätze können sie über die Autobahnen oder Eisenbahnverbindungen rasch und direkt erreichen.“