Lange galt die insolvente P+S-Werft in Stralsund als Ladenhüter. Doch unter russischen Investoren stößt der Schiffbaubetrieb auf Interesse. Ein Bieterverfahren ist bereits im Gange.

Schwerin/Stralsund. In den Prozess um den Verkauf der insolventen P+S-Werft in Stralsund kommt Bewegung. „Mit mehreren Interessenten ist inzwischen ein Bieterverfahren aktiv“, sagte ein Sprecher des Insolvenzverwalters Berthold Brinkmann am Donnerstag. „Der Ausgang des Verfahrens ist offen.“ Brinkmann strebe für September, Oktober einen Vertragsabschluss an. Vor allem bei russischen Investoren stößt die Werft auf Interesse.

Vertreter aus der autonomen russischen Republik Tatarstan hatten am Mittwoch in Schwerin Gespräche mit Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) und Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) über den Schiffbaubetrieb geführt. Selbstverständlich habe die Landesregierung Interesse, potenzielle Bewerber kennenzulernen, sagte Regierungssprecher Andreas Timm und bestätigte damit indirekt die Gespräche. Bei diesen Interessenten soll es sich um eine staatliche Holding handeln. Tatarstan mit 3,8 Millionen Einwohnern gehört zu den fünf wohlhabendsten Regionen Russlands.

Nach Ansicht des Chefs des Handels- und Wirtschaftsbüros bei der Russischen Botschaft in Berlin, Andrey Zverev, ist die Rostocker Nordic-Werft jedoch der Favorit für die Übernahme der Stralsunder Volkswerft. Das Angebot von Nordic sei besser zu bewerten als das einer staatlichen Holding aus Tatarstan, sagte Zverev beim Hanse Sail Business Forum in Rostock. Nordic-Eigner Witali Jussufow sei schon lange in Deutschland tätig und wisse, die die deutsche Wirtschaft funktioniere.

„Der zweite Vorteil ist, dass er einen ganz konkreten Plan für die Entwicklung dieser Werft und im Hintergrund schon Aufträge für die Werft hat“, sagte Zverev. Jussufow signalisierte am Donnerstag erstmals öffentlich Interesse an der Werft: „Wir beobachten seit der Insolvenz die Situation sehr eng und sehr aufmerksam“, sagte er. Man habe intern die Chancen und Risiken sehr gründlich ausgewertet. „Wir sehen in der möglichen Arbeit an dem Standort Stralsund zusätzliche Chancen für Nordic Yards.“

Für die vor knapp einem Jahr pleitegegangene Volkswerft interessieren sich nach Angaben der Insolvenzverwaltung noch weitere Investoren. Entscheidend für den Zuschlag dürften nicht nur der Kaufpreis, sondern auch die Anzahl der mit der Übernahme garantierten Arbeitsplätze sowie das künftige Geschäftsfeld sein. Die auf den Marineschiffbau spezialisierte P+S-Werft in Wolgast ging im Mai mit knapp 300 Mitarbeitern an die Bremer Lürssen-Werft.

Der Stralsunder Betriebsratsvorsitzende Jürgen Kräplin ist noch zurückhaltend in der Beurteilung der neuen Entwicklung. „Wir hoffen, dass es weitergeht.“ Die letzten Monate seien für die Mitarbeiter schwierig gewesen. Ende Oktober läuft die für die 1700 P+S-Mitarbeiter geschaffene Transfergesellschaft aus.

Zwischen 1948 und 1990 wurden auf der Stralsunder Volkswerft rund 1200 Fischereischiffe für die Sowjetunion gebaut, darunter Logger, Gefriertrawler, Fang- und Verarbeitungsschiffe. Diese Expertise sei „sicherlich nicht hinderlich gewesen für das Interesse von russischer Seite“, sagte Kräplin. Bislang sei nicht bekannt, welche Strategien mögliche Investoren haben. Entscheidend für die Belegschaft sei, dass möglichst viele Arbeitsplätze auf der Werft gesichert werden.

Derzeit sind rund 500 Mitarbeiter in der Stralsunder Schiffbaugesellschaft tätig, um die von den P+S-Werften begonnenen Neubauten für die dänische Reederei DFDS zu Ende zu bauen. Entscheiden über die Kaufangebote muss der Gläubigerausschuss .