Olaf Jensen ist einer der letzten Elbfischer. Der aussterbende Beruf ist harte Arbeit und bringt viel Bürokratie mit sich. Seit 1984 fährt Olaf Jensen jeden Tag zum Fischen raus.
Lauenburg/Cuxhaven. „Moin Marion, wie gewohnt?“ Kurz und knapp begrüßt Olaf Jensen seine Stammkundin und nimmt zwei Aale aus dem Räucherofen, wiegt sie ab und wickelt sie in Papier. Ein kurzer Plausch, dann steht schon der nächste Kunde am Eingang des kleinen Holzschuppens in Hamburg-Finkenwerder, in dem der Fischer jeden Sonnabend seinen Fisch räuchert und direkt verkauft. Heute hat er Aal, Flunder und Seeforelle im Angebot.
Olaf Jensen ist einer der letzten Fischer auf der Elbe. Außerdem fängt er auf der Ostsee und auf der Schlei. Sein festes Revier auf der Elbe reicht von Lauenburg in Schleswig-Holstein bis Cuxhaven kurz vor der Mündung in die Nordsee.
Dazu zählt also auch der Hafen, mitten zwischen Containerriesen und Hafenfähren. Jensen hat noch acht weitere Kollegen, hauptberufliche Elbfischer. Drei davon würden ebenfalls im Hamburger Hafen fischen, sagt er.
Seit 1984 fährt Olaf Jensen jeden Tag zum Fischen raus. „Man muss sich nichts vormachen. Es ist eine extrem harte Arbeit und zunehmend bürokratisch.“ So habe man als Fischer mit dem Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung zu tun, mit dem Fischereiamt, mit der Wirtschaftsbehörde, mit dem Zoll, mit dem Gesundheitsamt. „Alle Behörden wollen natürlich nur das Beste für die Fischerei“, sagt Olaf Jensen. Das Ergebnis seien Formulare, Formulare, Formulare. Natürlich gebe es Romantik und Idylle. „Für mich ist das Fischen Broterwerb.“
Die Geschichte der Elbfischerei geht Jahrhunderte zurück, erzählt der studierte Sozialwissenschaftler. „Vor 100 Jahren gab es noch weit über 100 Berufsfischer.“ Anfang der 80er-Jahre waren es nur noch etwa zehn Kutter. Dabei ist die Artenvielfalt in der Elbe groß. Je nach Saison gibt es neben Aal, Zander und Scholle auch Stint und Barsch, Meerforelle und Karpfen.
Doch irgendwann geriet die Elbe in Verruf. Bis 1961 gab es laut der Initiative „Rettet die Elbe“ kein Klärwerk in Hamburg. Industriebetriebe, viele davon in der DDR, leiteten über Jahrzehnte Schadstoffe und Abwässer in den Fluss. Die Hamburger Umweltbehörde schickte schließlich ein Schreiben an alle Anglervereine: Es werde vom Verzehr von mehr als einem Kilogramm Elbfisch im Monat abgeraten. Wirklich verboten wurde der Verkauf nie. „Es war und ist Sache des Fischers“, sagt Heinz Oestmann, der mehr als 40 Jahre auf der Elbe fischte.
Mit der zunehmenden Industrialisierung wurde dann zwar auf ein Filtern des Wassers geachtet – allerdings nur auf westdeutscher Seite. „Erst nach der Wende tat sich richtig was“, sagt Herbert Nix von „Rettet die Elbe“. „Chemiebetriebe im Osten wurden geschlossen und die Klärwerke modernisiert. Seitdem wurde die Wasserqualität immer besser.“
Inzwischen ist das Wasser so sauber, dass man den Fisch bedenkenlos essen kann. Aber der Ruf von Elbfisch sei „auf Jahre ruiniert“, sagt Fischer Jensen. Bei seiner Kundschaft sei er inzwischen zwar wieder hergestellt. „Aber das dauert“, sagt er und zieht seine dunkle Schiebermütze in die Stirn.
Dass es heute nur noch wenige Elbfischer gibt, liege nicht nur an der schlechteren Wasserqualität oder dem Ruf des Elbwassers, ist Oestmann überzeugt. „Die Perspektive fehlt“, sagt der 63-Jährige, der Anfang des Jahres die Fischerei aufgegeben hat. Wie in anderen Handwerken fehlt der Nachwuchs. „Man weiß nie, ob man im nächsten Jahr noch auf Fang gehen darf oder welche Bedingungen gestellt werden.“ Fangquoten und Auflagen der Behörden, aber auch steigende Spritpreise und auch die Elbvertiefung spielten eine Rolle.
Obwohl auch in Hamburg die Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln steigt, scheint der Bedarf an Fisch aus der heimischen Elbe nicht groß zu sein. „Danach fragen unsere Kunden gar nicht“, sagt Dirk Kowalke vom Fischereihafen-Restaurant in Hamburg-Altona und klingt fast ein wenig verwundert über die Frage. „Bei uns kommt nur Seefisch auf den Teller.“ Ein Blick auf die Karte von Kowalkes Traditionslokal zeigt: Neben Steinbutt und Seezunge aus der Nordsee stehen Gambas, Thunfisch und Wildlachs.
Olaf Jensen wird weiter Aal, Flunder und Stint fischen. Er kommt mit seinem Direktvertrieb noch gut über die Runden. Stammkundin Marion Fischer: „Ich kaufe seit 15 Jahren Räucherfisch bei Jensen, der schmeckt so schön frisch.“