TV-Anwalt Jan Sosniok begeistert trotz kleiner Pannen bei Premiere der Karl-May-Spiele in Bad Segeberg. Sosniok spielt den Indianer kraftvoll und mit vollem Körpereinsatz.
Bad Segeberg. Spektakulärer kann ein Showdown in einem Theaterstück nicht sein: Winnetou und Old Shatterhand gegen die üblen Schurken Santer und Rattler hoch oben auf der Hängebrücke. Explosionen, Feuerbälle – und natürlich der Absturz in die tiefen Schluchten des Gebirges. Im Freilichttheater am Kalkberg in Bad Segeberg hat die Karl-May-Saison 2013 begonnen: In „Winnetou I – Blutsbrüder“ wird gezeigt, wie aus Winnetou und Old Shatterhand Blutsbrüder werden.
Zwei Stunden gute Unterhaltung bietet das Ensemble. 25 Explosionen in allen Ecken der großen Freilichtbühne, 23 Pferde, ein Hahn, eine Henne, ein auf Kommando einschwebender Adler – so viel Abwechslung begeistert die Zuschauer. Mit Spannung wurde natürlich das Auftreten des neuen Winnetous erwartet: TV-Anwalt Jan Sosniok („Danni Lowinski“) löst Erol Sander ab, der sich 2012 nach sechs erfolgreichen Spielzeiten überraschend aus unbekannten Gründen verabschieden musste.
Sosniok spielt den Indianer kraftvoll und mit vollem Körpereinsatz. Gleich bei seinem ersten Einsatz verprügelt er die Gangster reihenweise, kommt dabei aber dermaßen außer Atem, dass er sein Pferd anschließend nur noch unter größter Mühe besteigen kann. Die Zuschauer lachen über diese kleine Premierenpanne. Bedauert haben die meisten aber vermutlich, dass Michael Stamp, der Autor der Bühnenfassung, den Helden nicht mehr in den Mittelpunkt gestellt hat. Vielleicht hat Jan Sosniok ja in den kommenden Jahren noch genügend Gelegenheit, sein schauspielerisches und akrobatisches Können unter Beweis zu stellen.
Howard Carpendales Sohn gibt Fritz Weppers Tochter einen langen Kuss
Wayne Carpendale präsentiert sich topfit. Er spielt Karl May, der als Landvermesser in den Wilden Westen kommt und im Laufe des Stückes zum berühmten Old Shatterhand wird, weil er mit seiner schlagkräftigen Schmetterhand auch die übelsten Burschen besiegt. Nach 2003 ist es das zweite Gastspiel des „Landarztes“ in Bad Segeberg.
Seine Fans im Publikum begrüßen ihn mit Transparenten („We love Wayne“), Papa Howard sitzt zusammen mit Carpendale-Freundin Annemarie Warnkross im Publikum – das gibt dem Schauspieler offenbar die nötige Sicherheit. Nach dem Verbeugen stürmt Wayne Carpendale die Stufen hoch ins Publikum und umarmt seine Freundin. Der Schlagersänger Howard Carpendale begrüßt mit Fritz Wepper einen anderen stolzen Papa: Der TV-Star ist gekommen, weil seine Tochter Sophie als Winnetous Schwester Nscho-tschi mitwirkt. Und sie erweist sich als kleine Entdeckung: Mit kühler Würde spielt sie ihre Rolle, lässt sich auch in hektischen Momenten inmitten des Kampfgetümmels nicht aus der Ruhe bringen und ist der ruhende Pol der Aufführung.
Als sich Old Shatterhand und Nscho-tschi schließlich in einer ergreifend angelegten Liebesszene einen sehr langen Kuss geben, jubelt das Publikum. Liebe im Wilden Westen – auch das gehört zum Konzept der Karl-May-Spiele. Nscho-tschi allerdings erlebt das Ende der Aufführung nicht: Sie wird vom Gangster Rattler (überzeugend fies: Dirc Simpson) ermordet. Auch Gojko Mitic wird herausgetragen: Der langjährige Winnetou des Kalkbergs ist als Apachenhäuptling Intschu-tschuna erstmals seit sieben Jahren dabei – und erhält den stärksten Auftrittsapplaus. „Der Häuptling ist zurück“, sind seine ersten Worte, als er in die Arena reitet. Das Publikum jubelt. Auch Joshy Peters wird vom Publikum wie ein alter Freund begrüßt. Der Hamburger hat hier schon alles gespielt – in diesem Jahr ist er der Oberschurke Santer.
Für die komischen Momente sorgen Frank Schröder als Lord Castlepool und Fried Wolff als sein Diener Smedley, für die unfreiwillig komischen Momente der Autor der Bühnenfassung: Als Winnetou nach hartem Kampf von der Hängebrücke in die Schlucht stürzt, blickt Old Shatterhand in die Tiefe und ruft: „Oh Winnetou, nicht auch du!“ Doch er steigt aus den Tiefen des Sees wieder empor. Gelächter im Publikum.
Regisseur Norbert Schultze junior und Autor Michael Stamp haben noch bis zum 1. September Gelegenheit, die kleinen Unebenheiten zu glätten. Gespielt wird donnerstags, freitags und sonnabends um 15 und 20 Uhr, sonntags um 15 Uhr. Karten zu 11,50 bis 26 Euro unter Telefon 01805/952128 und unter www.karl-may-spiele.de.
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