Niedersächsischer Landesrechnungshof prüft 60 Profisportler-Akten. Oft drücken sich Fußballprofis mit ihren Millioneneinkünften offenbar um die angemessene Einkommensteuer.
Hannover. Die neue rot-grüne Landesregierung von Niedersachsen hat angekündigt, 100 zusätzliche Steuerprüfer einzustellen. Gestern hat der Landesrechnungshof (LRH) deutlich gemacht, wie viel Arbeit auf die neuen Finanzbeamten wartet: Vor allem bei den ganz hohen Jahreseinkünften von mehr als 500.000 Euro gebe es viel zu selten Betriebsprüfungen und besonders oft drückten sich Fußballprofis mit ihren Millioneneinkünften um die angemessene Einkommensteuer.
Rund 3,7 Millionen Niedersachsen zahlen Lohn oder Einkommensteuer, nur rund 2.700 versteuern jährliche Einkünfte von mehr als 500.000 Euro, weitere rund 1300 haben sogar jährliche Einkünfte von mehr als einer Million Euro. Der Landesrechnungshof hat stichprobenartig genau diese beiden Gruppen unter die Lupe genommen. Die Prüfer beziffern das steuerliche Ausfallrisiko wegen der mangelhaften Arbeit der Finanzämter auf mehr als 170 Millionen Euro jährlich.
Besonders genau hat der Landesrechnungshof bei den Fußballprofis hingeschaut und alle 60 infrage kommenden Steuerakten unter die Lupe genommen. Niedersachsens Landesrechnungshof-Präsident Richard Höptner nannte in Hannover bei Vorstellung seines Jahresberichts keinen Namen, aber berichtete von einem Trainer, der in kürzester Zeit den Kader seiner Mannschaft gleich mehrfach fast vollständig ausgetauscht habe.
Dies ging eindeutig zu Lasten der leeren niedersächsischen Steuerkassen denn wenn ein Fußballprofi erst einmal Deutschland verlassen hat, haben die Finanzbehörden kaum noch Möglichkeiten, die Steuern für vorangegangene Jahre mit Millioneneinkommen einzutreiben.
Dabei ist bei den Spielern eine Menge zu holen, wie Lutz Bardelle, der zuständige Abteilungsleiter im LRH erläuterte. Die versteuern nach den Erkenntnissen der Prüfer zwar als Arbeitnehmer des jeweiligen Vereins ihr Gehalt, haben häufig aber hohe weitere Einkünfte - etwa durch Werbeverträge und Sponsoring. Bardelle, der die Akten genau studiert hat: "Das sind sehr wohlhabende Herren vergleichbar mit den Vorständen von Dax-Konzernen." Die Höchstverdiener, so der Bericht, "erzielen jährliche Einkünfte von mehr als fünf Millionen Euro." Selbst Spieler, die im Regelfall auf der Ersatzbank sitzen, erreichen laut Bardelle "regelmäßig" die Einkunftsgrenze von 500.000 Euro. Im Laufe der Jahre, so hat es Bardelle festgestellt, häufen die Spieler richtige Vermögen an: "Das Geld wird nicht alles sofort ausgegeben, so viele Sportwagen kann man gar nicht kaufen."
Im Sprachgebrauch der Finanzämter heißen alle Personen mit Einkünften von mehr als 500.000 Euro "Einkunftsmillionäre" - der Begriff stammt noch aus der Zeit, als eine Millionen Mark die magische Grenze war, ab der es eigentlich ein klares Regelwerk gibt, wie genau dieser Gruppe auf den Zahn gefühlt werden soll. bE-Steuerfälle - das bE steht dabei für bedeutende Einkünfte - sind einzustufen als Großbetriebe mit der Folge regelmäßiger Betriebsprüfungen. Aber schon die maschinelle Erkennung der Überschreitung der Grenze funktioniert nicht zuverlässig und ein Jahr mit Grenzunterschreitung kann schon dazu führen, dass zwei Jahre mit Einkünften oberhalb der magischen Grenze dennoch kein Grund waren, die Betriebsprüfer los zu schicken.
Und auch zusätzliche Einkünfte, etwa aus einem Gewerbetrieb, selbstständiger Arbeit oder aus der Land- und Forstwirtschaft, wurden nicht addiert, um dann die Betriebsprüfer auf den Fall anzusetzen.
Dabei geht es jedes Mal um viel Geld: In einem von den Prüfern untersuchten Einzelfall bezifferten sie das Steuerausfallrisiko auf knapp eine Million Euro für ein Jahr.
Und wenn dann doch einmal die Betriebsprüfer anrückten, so machten sie nach Einschätzung des LRH viele Fehler, ließen häufig jeden Eifer vermissen: "Die Überprüfung erfolgte oft nur oberflächlich oder ermittelte Differenzen blieben unaufgeklärt." Und auch bei erbschafts- und schenkungssteuerlichen Sachverhalten wurde wenigen Verdachtsfällen nachgegangen. Der Landesrechnungshof hat ausgerechnet, dass zudem nur 40 Prozent der bedeutenden Einkünftefälle überhaupt geprüft wurden. Vermutlich mit Blick auf die geplante Einstellung der 100 zusätzlichen Steuerfahnder lautet Bardelles Fazit: "Das Raster der Finanzämter ist gegenwärtig zu grobmaschig."
Der Landesrechnungshof empfiehlt nun, die "Problemgruppe der Fußballspieler" zentral einem einzigen Finanzamt zuzuweisen und künftig auf schnellere Steuerklärungen zu drängen - eben weil ein Wechsel ins Ausland im Profisport Alltag sei. Und vor allem, weil ältere Spieler zum Ende ihrer Karriere dann doch wieder ins Heimatland zurückkehrten.