Erste nicht autorisierte Ausstellung. Nähe zum NS-Regime hat Riefenstahl bis zu ihrem Tode geleugnet. Ausstellung in Prora will mit dem Mythos der ideologisch unabhängigen Filmemacherin aufräumen.
Prora. Die wegen ihrer Nähe zum NS-Regime umstrittene Filmemacherin und Fotografin Leni Riefenstahl (1902-2003) steht von heute an im Zentrum einer Ausstellung im Dokumentationszentrum Prora. Bei der Ausstellung handelt es sich nach Angaben des Kurators Peter Reichelt um die erste nicht von Leni Riefenstahl kontrollierte und autorisierte Ausstellung. In größerem Umfang wurde die Schau erstmals 2004 im Ernst-Barlach-Museum Wedel bei Hamburg gezeigt. Anders als damals beschäftigt sich die Dokumentation in Prora fast ausschließlich mit ihrem Wirken im Dritten Reich, wie der Leiter des Dokumentationszentrums, Jürgen Rostock sagte. Gezeigt werden rund 300 Exponate, darunter rund 200 Fotografien, rund 100 historische Dokumente sowie Filmsequenzen.
Riefenstahls bekannteste Arbeiten sind die Dokumentation „Triumph des Willens“ über den Reichsparteitag der NSDAP im Jahr 1934 in Nürnberg und der Film über die 1936 im nationalsozialistischen Deutschland veranstalteten Olympischen Spiele. Der Reichsparteitags-Film mit seiner suggestiven Kameraführung, den inszenierten Massenszenen und der Überhöhung Hitlers als Führer habe dazu beigetragen, dass sich die Bevölkerung für das NS-Regime einnehmen ließ, kritisierte Rostock. Der Olympia-Film sollte in gleicher Weise das Ausland über das nationalsozialistische Deutschland täuschen.
Die Regisseurin hatte eine Verstrickung mit dem NS-Regime abgestritten und immer betont, während des Nationalsozialismus ideologisch unabhängig und rein dokumentarisch gearbeitet zu haben. In der Ausstellung gezeigte Dokumente belegen zum einen ihre Nähe zu Hitler, Speer und Goebbels und zeigen zudem, dass Szenen des ersten Reichsparteitagsfilms „Sieg des Glaubens“ (1933) von Riefenstahl später im Studio nachgedreht und Situationen inszeniert wurden, wie Kurator Reichelt sagte. „Riefenstahl war eine Meisterin im Verdrängen, Vergessen und dem Kreieren ihrer eigenen Wahrnehmung.“
Riefenstahl gehörte zur Prominenz des Hitlerreiches
Gezeigt werden auch Stasi-Dokumente, mit denen die Rehabilitierung Riefenstahls nach dem Krieg verhindert werden sollte. Zu sehen sind Fotos, die die Stasi im Jahr 1952 der Illustrierten „Revue“ zugespielt hatte und die Riefenstahl als Zeugin eines Massakers von Wehrmachtssoldaten an jüdischen Zivilisten in Polen zeigen.
Der 55-Jährige Reichelt war ab 1986 Ausstellungsagent von Riefenstahl und trennte sich einige Jahre vor dem Tod von der Künstlerin. Für die Ausstellung „Leni Riefenstahl“, die er in Zusammenarbeit mit der Fotografin Ina Brockmann erarbeitete, hat Reichelt eigenen Angaben zufolge in staatlichen Archiven und privaten Sammlungen recherchiert. Gezeigt werden auch Arbeiten aus der eigenen Sammlung, die von Standfotografen Riefenstahls während der Filmarbeiten angefertigt wurden.
Riefenstahl gehörte zur Prominenz des Hitlerreiches, ihre Arbeiten wurden in den 30er Jahren international anerkannt. So erhielt sie für den Reichsparteitagsfilm „Triumph des Willens“ im Jahr 1935 auf der Biennale in Venedig den Preis für den besten ausländischen Dokumentarfilm und wurde 1937 Weltausstellung in Paris ausgezeichnet.
Ausstellung ist bis zum 28. August zu sehen
Vor den NS-Propagandafilmen hatte sich die in Berlin geborene Riefenstahl als Ausdruckstänzerin einen Namen gemacht und wirkte dann vor allem in Bergfilmen als Hauptdarstellerin mit. Nach dem Krieg widmete sie sich unter anderem Fotoreportagen über die afrikanischen Nuba und unternahm Tauchexpeditionen. Riefenstahl starb 2003 in Pöcking am Starnberger See. Sie sah sich als unpolitische Künstlerin im NS-Regime und klagte bis zu ihrem Lebensende darüber, dass ihre Arbeit im Nachkriegsdeutschland boykottiert wurde.
Die von Reichelt und Brockmann konzipierte Riefenstahl- Ausstellung war bereits an rund 20 Orten in Europa zu sehen. Bislang kamen Reichelts Angaben zufolge rund 600.000 Besucher. Die Ausstellung in Prora ist bis zum 28. August zu sehen.