Wahlziel verpasst: In den Nord-Kommunen bleiben die Sozialdemokraten zweitstärkste Kraft. Regierungschef Albig wollte mit der SPD Nummer eins werden. Insgesamt schnitten die Koalitionsparteien ordentlich ab.
Kiel Kein nachträgliches Geburtstagsgeschenk der Wähler im Norden für Regierungschef Torsten Albig: Am Tag nach seinem Fünfzigsten hat die SPD die Kommunalwahlen gegen die CDU verloren. Die Christdemokraten mit dem seit zehn Wochen amtierenden neuen Landesvorsitzenden Reimer Böge, 61, verbesserten laut dem offiziellen Ergebnis der Landeswahlleitung die bescheidenen 38,6 Prozent von 2008 um 0,3 Punkte. Die SPD mit Albig und Landesparteichef Ralf Stegner, 53, legte demnach gegenüber 2008 von 26,6 auf 29,8 Prozent zu, verpasste aber klar Albigs Ziel, stärkste Partei zu werden.
+++ So berichtete das Abendblatt live von der Wahl +++
Die seit einem Jahr im Land regierenden SPD, Grüne und SSW (Südschleswigscher Wählerverband) übertrafen mit zusammen 46,4 Prozent klar ihr 2008er Resultat (39,9). Sie blieben aber unter ihrem Ergebnis zur Landtagswahl 2012 (48,2).
Unterschiedlich reagierten die SPD-Oberen auf das Abschneiden der Partei. Während Stegner den Zugewinn zu 2008 hervorhob, machte Albig aus seiner Enttäuschung keinen Hehl: „Wenn das ein Landtagswahlergebnis wäre, wären wir natürlich nicht zufrieden“. Anspruch der SPD müsse es immer sein, stärkste Kraft zu sein und die 40 Prozent im Blick zu haben, so Albig: „Davon sind wir noch 'ne ganze Ecke weg.“
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Die Grünen trugen wesentlich zum akzeptablen Abschneiden der „Dänen-Ampel“ bei. Mit 13,7 Prozent ließen sie die Konkurrenz der Kubicki-FDP (5,0 Prozent) und der Piraten (1,6) hinter sich und waren klar besser als 2008. „Satter kann es nicht sein“, freute sich die Landesvorsitzende Ruth Kastner. Wahrscheinlich hat das Ja von Grünen-Energie- und Umweltminister Robert Habeck zur Zwischenlagerung von Castor-Behältern aus dem britischen Sellafield an dem von den Grünen besonders verhassten Atomkraftwerk Brunsbüttel seine Partei weniger belastet als zunächst befürchtet. Der SSW landete bei 2,9 Prozent (2008: 3,0).
Der SPD schadete im Rennen mit der CDU um den Spitzenplatz gewiss die bundespolitische Stimmung. Auch die Koalitionspläne, die Gehälter der Beamten weit geringer zu erhöhen als die der Angestellten, brachte Lehrer, Polizisten und Verwaltungsmitarbeiter auf die Palme. Einen Brocken hatte die Koalition unter SPD-Führung allerdings zügig aus dem Wege geräumt: Bei der Finanzierung des Kita-Ausbaus gab es mit den Kommunen einen Kompromiss, ohne den es SPD, Grüne und SSW bei den Wählern wohl noch um einiges schwerer gehabt hätten.
Allerdings ist die landespolitische Bedeutung der Wahlen zu den Stadtparlamenten, Kreistagen und Vertretungen von über 1000 Gemeinden begrenzt. Nicht die Landesparteien mit ihren Spitzenleuten standen in erster Linie auf dem Prüfstand: Es ging um den Zustand von Schulen, den Ausbau der Kitas, neue Windräder oder Stromleitungen vor Ort, um Schlaglöcher in Straßen, Schließung und Bau von Schwimmbädern oder um kommunale Besonderheiten wie eine Stadtregionalbahn im Großraum Kiel.
Vor dem Hintergrund bleibt auch offen, wie die in den letzten Jahren von einer Führungskrise in die nächste gestolperte CDU auf Landesebene wirklich dasteht. Sie lag aber immerhin auch bei einer Umfrage vor drei Wochen um einiges klarer vor der SPD als zur Landtagswahl vor einem Jahr. Das muss der SPD zu denken geben, hat sich die CDU doch seit dem Abschied von Ex-Regierungschef Peter Harry Carstensen sowie den Rücktritten der Landesvorsitzenden Christian von Boetticher (2011) und Jost de Jager (2012) noch nicht wieder sichtlich profiliert. Für die Bundestagswahl in vier Monaten gibt die Kommunalwahl ohnehin nur vage Fingerzeige.
CDU-Landeschef Böge freute sich, weil seine Partei klar die Nr. 1 in den Kommunen blieb. „Rundum happy“ sei die CDU aber nicht. Sie ist bei Kommunalwahlen im Norden traditionell stärkste Kraft; nur in den 90er Jahren lag dreimal die SPD vorne. Damals gingen auch noch viel mehr Wähler an die Urne: 1994 beteiligten sich 70,5 Prozent; an diesem Sonntag waren es noch 46,7 Prozent.