Kunstherzen helfen herzkranken Patienten dabei, die Zeit bis zu einer Transplantation zu überbrücken. Da es in Deutschlan an Organspenden fehlt, sind sie manchmal mehr als eine Zwischenlösung.
Hannover. Das deutschlandweit tausendste des am weitesten verbreiteten Kunstherz-Typen „Heartmate II“ ist an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) eingesetzt worden. Erhalten hat es der 18-jährige Jan-Lukas Hülsebus aus Papenburg. Seit Januar lebt der ehemalige Tiefbaufacharbeiter mit dem Gerät, das sein Herz beim Pumpen unterstützt. „Vor dem Hintergrund, dass es in Deutschland viel zu wenig Spenderherzen gibt, gewinnen Herzunterstützungssysteme an Bedeutung“, sagte der Direktor der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie, Prof. Axel Haverich am Dienstag in Hannover. Kunstherzen werden in Deutschland seit 1987 eingesetzt, seit 2004 auch an der MHH. Seitdem bekamen dort 389 Menschen eins.
Dass Jan-Lukas Hülsebus keinen Puls hat, sieht man ihm nicht an. Tatsächlich sorgt bei dem herzkranken jungen Mann aber ein Kunstherz dafür, dass genügend Blut durch seinen Körper gepumpt wird. „Es geht mir bestens, als ob nie was gewesen wäre“, sagte Hülsebus rund drei Monate nach der schweren Operation.
Ins Schwimmbad oder in die Disco kann er mit dem Gerät aber nicht mehr – die Gefahren, etwa einer Infektion, sind zu hoch. Hülsebus, bei dem Mitte Dezember eine schwere Herzschwäche festgestellt wurde, gibt sich gelassen: „Mir persönlich ist das egal, ob ich zuhause sitze oder Party mache.“
Herzspezialist Prof. Haverich betonte: „Die Lebenszufriedenheit der Patienten wechselt.“ Viele seien anfangs zufrieden und später genervt von dem Gerät. Andere dagegen bevorzugten es vor einer richtigen Herztransplantation. Eigentlich gelten Kunstherzen nur als Übergangslösung, bis ein Spenderherz zur Verfügung steht. Weil aber immer mehr ältere Menschen an Herzschwäche litten und die Zahl der Spenderorgane den Bedarf bei Weitem nicht deckten, würden die Geräte teils auch als dauerhafte Lösung eingesetzt, erklärte Haverich.
Allerdings sind mit einem Kunstherzen Risiken verbunden. So müssen zusätzlich Medikamente zur Blutverdünnung genommen werden. Auch die Infektionsgefahr ist hoch – durch das Gerät befindet sich eine offene Eintrittsstelle am Körper. Mediziner setzen daher auf weitere technische Fortschritte der Geräte.
Deutschlandweit wurden vergangenes Jahr 800 Kunstherzen eingesetzt, die meisten davon an Uni-Kliniken. Zwischen fünf und sieben verschiedene Kunstherzen-Typen kommen hierzulande zum Einsatz, schätzen Mediziner. Rund 20 Kliniken führen die Implantationen durch. Darunter ist auch das Herz- und Diabeteszentrum im nordrhein-westfälischen Bad Oeynhausen. Rund 2500 Kunstherzen wurden dort seit 1989 eingesetzt, davon 177 „Heartmate II“.
„Es gehört zu den Guten, die man einsetzen kann“, sagte der stellvertretende Direktor der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie Kavous Hakim-Meibodi. Doch auch Hakim-Meibodi betont, ein Kunstherz sei nur eine Zwischenlösung und kein Ersatz für die richtige Transplantation. Die Medizin sei aber noch weit von einer Lösung entfernt, die eine Transplantation vollständig ersetze.