Niedersachsens Ministerpräsident bemüht sich derzeit sehr, Bodenhaftung zu demonstrieren, er will wiedergewählt werden.

Hannover. David McAllister wäre manchmal gerne einfach „normal“. Im schwarzen Anzug steht der niedersächsische Ministerpräsident in einer Schlange vor der Kasse bei McDonalds. Ein leicht spitzbübisches Lächeln huscht ihm angesichts dieser Situation übers Gesicht, verschwindet aber auch schnell wieder, als der Kassierer das Geld nicht haben will. Man hat den Fastfood-Fan McAllister erkannt und will ihm was Gutes tun.

„Nein, ich will bezahlen“ – der CDU-Politiker muss dem Kassierer das Geld geradezu aufzwingen und bleibt hartnäckig bis zum Schluss - vielleicht auch weil er von Journalisten begleitet wird. „Sehen Sie, so kommen Upgrades zustande“, sagt er später, als er den ersehnten und schließlich auch bezahlten Burger zwischen seinen Fingern hält. Der Name Christian Wulff fällt in dem Gespräch. McAllisters Amtsvorgänger war wegen Upgrades und einer dubiosen Hausfinanzierung in Verruf geraten.

Im Juli 2010 hatte McAllister das Amt von Wulff übernommen. Der Sohn eines schottischen Offiziers und einer deutschen Musiklehrerin wurde damals noch als der Kronprinz des später gescheiterten Bundespräsidenten bezeichnet. Inzwischen merkt man, wie sehr - möglicherweise auch aus taktischen Gründen – McAllister sich von seinem Amtsvorgänger distanziert hat. Der 41-Jährige bezeichnet das gerne mit den Worten, dass er eben „ein anderer Typ“ sei. Er pflege das „britische Understatement“.

„Ich such gerne auch mal die Distanz zum politischen Betrieb“, erklärt McAllister. So sah man den bekennenden Nahverkehrsfreund auch schon mal in Berlin mit dem Linienbus zur CDU-Präsidiumssitzung fahren. Andere Politikerfreunde schüttelten da nur den Kopf, berichtet er. Doch ihm bereite dieses kleine Stück „Freiheit“ eben sehr viel Freude.

Der Begriff der Freiheit war für McAllister in seiner Kindheit prägend. Geboren in West-Berlin, fragte er seine Mutter irgendwann, warum in der Stadt eine Mauer steht. Schon damals entstand bei „David James“, wie er zu dieser Zeit wohl noch gerufen wurde, ein Grundinteresse für Politik. Sein Vater James Buchanan durfte zwar als Alliierter in Deutschland nicht wählen. Es wurde aber viel Zeitung gelesen im Hause McAllister.

„Mein Vater brachte immer den ’Daily Telgraph’ mit nach Hause, meine Mutter las die ’BZ’“, berichtet der zweisprachig aufgewachsene CDU-Politiker. Oft diskutierte er mit seinem Vater über die Artikel und Überschriften, fragte nach, wo etwa Rhodesien liegt und wer überhaupt Robert Mugabe sei.

Mit neun Jahren lieferte McAllister dann in der Schule „eine fast perfekte Parteitagsrede“ ab, als sein Lehrer die Schüler auf die Bundestagswahl 1980 vorbereiten wollte. „Ich hatte am Abend vorher mir einen Wahlspot der CDU angesehen und den dann vorgetragen“, erinnert er sich. Später, im Landtag, wird McAllister bekannt für seine zugespitzten Reden, die nie länger als nötig sind. „Man darf über alles reden – nur nicht über 20 Minuten“, sagt er.

Dass „Mac“, wie er oft genannt wird, der Union über seine Jugendjahre hinaus treu blieb, liegt wohl vor allem an seinem 17. Geburtstag. „Ich konnte mir die CDU-Mitgliedschaft nicht von meinem Taschengeld leisten, also habe ich sie mir zum Geburtstag gewünscht.“ Seine Mutter sei zwar etwas irritiert gewesen, habe ihm den Wunsch aber dennoch erfüllt. Nach dem Umzug ins niedersächsische Bad Bederkesa landete McAllister schließlich in der Kommunalpolitik.

Der Elbe-Weser-Raum ist für den 41-Jährigen, der sowohl einen britischen als auch einen deutschen Pass hat, auch heute noch seine Heimat. Anders als andere Ministerpräsidenten vor ihm, zog er nicht nach Hannover um. In Bad Bederkesa kennt er „jeden zweiten mit Namen“, sagt er. Oft ist er jedoch nicht mehr in seinem Heimatort. „Es tut mir manchmal total weh, dass ich meine kleinen Töchter so wenig sehe“, sagt der bekennende Familienmensch.

Im Wahlkampf wird diese Zeit vermutlich noch knapper. McAllister wird in Niedersachsen die Ärmel hochkrempeln müssen, um wiedergewählt zu werden. Zwar liegt die CDU in den Umfragen klar vorne und 49 Prozent der Niedersachsen favorisieren ihn als Ministerpräsidenten. Wegen der schwächelnden FDP fehlt aber ein Koalitionspartner zur Regierungsbildung. Längst munkelt man, dass es für den Merkel-treuen McAllister einen „Plan B“ geben soll, etwa ein Platz im nächsten Bundeskabinett.

Auch die Lieblingszeitung seines Vaters, der „Daily Telegraph“, sieht „Mac“ bereits zu Höherem berufen. Ein dort kürzlich erschienenes Porträt über ihn wurde betitelt mit „The Scot destined to lead Germany“ (Der Schotte, der bestimmt ist, Deutschland zu führen). McAllister selbst winkt ab. „Ich will in Niedersachsen bleiben.“ Doch das hatte sein Vorgänger Christian Wulff auch immer wieder betont.