Im Kampf um Fachkräfte bieten Wedeler Unternehmen dem Nachwuchs Stipendien für die private Berufsfachschule an
Wedel. Olaf Breitkreuz sucht Mitarbeiter mit physikalisch-technischen Fähigkeiten. Doch die sind immer schwerer zu finden. Damit dem Geschäftsführer von der Firma Messtechniknord in Wedel die Leute nicht ausgehen, beteiligt sich sein Unternehmen an einem Nachwuchsförderungsprogramm, das die nahe gelegene Berufsfachschule vor zwei Jahren ins Leben gerufenen hat.
Mit Erfolg. Denn auf diesem Wege kam Breitkreuz zu seinem Stipendiaten Joshua Hammann. Der 18-Jährige absolviert an der Berufsfachschule in Wedel eine Ausbildung zum physikalisch-technischen Assistenten. Dafür muss er aber keinen Cent bezahlen. Die Kosten für die 1948 gegründete private Berufsschule übernimmt die Messtechniknord. Dafür hat sich Hammann im Gegenzug dazu verpflichtet, während und auch eine gewisse Zeit nach der Ausbildung für das Unternehmen zu arbeiten.
Die Mischung aus Theorie und Praxis überzeugte Hammann, der in Wedel lebt und daher sowohl Förderprogramm als auch Unternehmen kannte. Seinem Chef gefällt an dem Modell, dass er den Unternehmensnachwuchs gleich an die sehr speziellen Arbeitsfelder seiner Firma heranführen kann. Fünf Semester dauert die Ausbildung. Während dieser Zeit überweist die Messtechniknord 1140 Euro pro Halbjahr an die Berufsfachschule. Dafür kommt Hammann an etwa zwei Tagen pro Woche ins Unternehmen und packt mit an, wenn Messgeräte und neue Technik hier unter die Lupe genommen werden.
Ob für Airbus, die Deutsche Bahn, Jungheinrich oder fürs Militär - mehr als 30.000 Geräte werden inzwischen pro Jahr in dem Gebäude an der Wedeler Industriestraße kalibriert. Tendenz steigend. Deshalb ist Breitkreuz auch immer auf der Suche nach Fachkräften. "Unser großes Problem ist der Nachwuchs", sagt der Geschäftsführer.
Früher warb er diesen direkt von der Wedeler Fachhochschule ab. Doch nachdem die Anmeldezahlen für den betreffenden Studienzweig stetig zurückgingen, musste er kürzlich eingestellt werden. Auch der angegliederten Berufsschule gehen die Physiker aus. "Die Anmeldezahlen in diesem Bereich sinken. Wir sind bald an einer Grenze angelangt, bei der wir uns überlegen müssen, wie es weitergeht", sagt Professor Eike Harms, Leiter der Wedeler Berufs- und Fachhochschule. Er beobachtet einen deutlichen Trend der Schulabgänger zu den betriebswirtschaftlich ausgerichteten Unterrichtszweigen. "Die Nachfrage nach technisch und physikalisch versierten Angestellten ist sehr hoch. Vielen ist gar nicht bewusst, wie viel Potenzial hier schlummert", so Harms.
Das kann auch Gert Rapp, Chef von Rapp Optoelectronic, bestätigen. Auch er beteiligt sich an dem Stipendienprogramm. Sein Unternehmen übernimmt die Kosten für den 18-jährigen Niklas Dießner. Während bereits ein zweiter Kandidat bei ihm ein Praktikum absolviert, hat Stefanie Käufer zwar Bedarf, aber keine Interessenten. Die Personalleiterin von Trioptics wäre froh, wenn sich ein Schüler um ein Stipendium bei ihr bewerben würde. Dabei stellt das weltweit tätige Unternehmen, das mit 75 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von mehr als 20 Millionen Euro erwirtschaftet, den Stipendiaten einen festen Arbeitsplatz in Aussicht. Auch Breitkreuz würde weitere Nachwuchskräfte auf diesem Wege fördern, doch auch ihm fehlen Bewerber.
Damit steht man in Wedel nicht alleine da. Auch andere private Berufs- und Fachhochschulen haben zu kämpfen und buhlen um die abnehmende Zahl der Bewerber vor allem im naturwissenschaftlichen Bereich. Im Kampf um Schüler setzt auch die Nordakademie in Elmshorn auf die Stipendien. Mit dem neuen Ausbildungspartner, dem Wedeler Basketballverein SC Rist, wird nach Unternehmen gesucht, die Leistungssportler unterstützen.