Tarifverträge sichern Sonderzahlung auch in Krisenzeiten ab. Die Höhe des Weihnachtsgeldes variiert deutlich.

Hamburg. Trotz gedämpfter Konjunkturerwartungen bleibt das Weihnachtsgeld in Norddeutschland fester Bestandteil von Tarifverträgen. „Mit Ausnahme der Krisenjahre 2007 und 2008 ist das Weihnachtsgeld in den vergangenen Jahren mindestens konstant geblieben oder gar leicht gestiegen“, sagte der Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände (UV) Nord, Sebastian Schulze, auf dapd-Anfrage. Etwa die Hälfte der norddeutschen Beschäftigten bekomme die Sonderzahlung. Ähnlich äußert sich die IG Metall im Bezirk Küste sowie im Bezirk Niedersachsen und Sachsen-Anhalt.

Doch mit dem seit Jahren andauernden Rückgang der Unternehmen, die einer Tarifbindung unterliegen, hat auch die Zahl der Empfänger von Weihnachtsgeld abgenommen. Der Hans-Böckler-Stiftung zufolge wurden im vergangenen Jahr nur noch 59 Prozent der deutschen Arbeitnehmer nach einem Tarifvertrag bezahlt. Damit sank ihr Anteil seit 1998 in Ostdeutschland um 15 und in Westdeutschland um 14 Prozentpunkte.

Für Firmen ohne Tarifbindung ist die Zahlung von Weihnachtsgeld freiwillig. „In den letzten Jahren haben viele Unternehmen, zum Beispiel im Rahmen der Wirtschaftskrise, Einsparungen vorgenommen“, sagte der Sprecher des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Hamburg, Felix Hoffmann. Häufig sei im Zuge dessen auch das Weihnachtsgeld gekürzt worden. „Diese Entwicklung sehen wir mit Sorge und Ärger“, sagte Hoffmann. Nach Angaben des DGB Hannover zahlen 70 Prozent der tarifgebundenen Unternehmen Weihnachtsgeld. Bei Unternehmen ohne Tarifbindung seien es nur 42 Prozent.

Was passiert, wenn die Pflicht zur Zahlung von Weihnachtsgeld im Tarifvertrag gelockert wird, hat die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) erlebt: „Bei den norddeutschen Bäckern und Konditoren steht eine Notfallklausel im Manteltarifvertrag, wonach Betriebe die Zahlung in schwierigen Zeiten aussetzen dürfen“, sagte NGG-Sprecherin Karin Vladimirov. Einige Betriebe würden diese Klausel jedes Jahr wieder nutzen. „Da fragen wir uns dann schon, ob das alles so eine Richtigkeit hat“, kritisierte Vladimirov.

Dabei halten viele norddeutsche Unternehmen das Weihnachtsgeld offenbar für sinnvoll: „Arbeitgeber nutzen es gerade im Zuge des demografischen Wandels und des erheblichen Fachkräftebedarfs zur Steigerung der Mitarbeitermotivation und Stärkung der eigenen Arbeitgebermarke“, sagte Schulze. Der Bonus sei eine Anerkennung für geleistete Arbeit und Motivation für zukünftige Leistungen.

Die Höhe dieser Anerkennung variiert je nach Branche deutlich. So erhalten nach Angaben der NGG norddeutsche Arbeitnehmer aus der Süßwarenindustrie laut Manteltarifvertrag ein volles Monatsgehalt. So zahlt die Nordzucker AG mit Sitz in Braunschweig ihren niedersächsischen Beschäftigten 2012 ebenso wie im Jahr zuvor ein 13. Monatsgehalt. Auch bei Kraft Foods in Bremen gibt es ein Weihnachtsgeld in der Höhe eines Monatsgehalts.

Ähnlich hoch ist das Weihnachtsgeld in der deutschen Druck- und Chemieindustrie sowie im Bankgewerbe – das ergab eine Umfrage der Böckler-Stiftung. Die Hamburger Sparkasse bezahlt ihren 5.700 Mitarbeitern nach eigenen Angaben jedoch nur ein halbes Monatsgehalt. Die Drogeriekette Rossmann überweist ihren niedersächsischen Mitarbeitern zu Weihnachten 60 Prozent des Bruttogehalts. Die nach Tarif bezahlten Arbeitnehmer aus dem Metallhandwerk in Schleswig-Holstein erhalten nach Angaben der IG Metall Küste hingegen nur 40 Prozent eines Monatslohns.

Einer der größten Arbeitgeber in Schleswig-Holstein, der Hersteller von Medizin- und Sicherheitstechnik Dräger mit Sitz in Lübeck, ist hingegen ganz vom Weihnachtsgeld abgerückt. Stattdessen gibt es seit einem Jahr eine tariflich festgelegte Sonderzahlung. „Ein Teil davon ist fest, ein anderer variabel“, sagte Unternehmenssprecherin Melanie Kamann. Je größer die Verantwortung eines Mitarbeiters für das Unternehmen sei, desto größer sei der flexible Anteil. Dessen Höhe orientiere sich am Erfolg von Dräger. „Wir halten diese Variante für fairer als das alte Modell“, sagte Kamann.