Am Wochenende soll ein Schiff mit Kernbrennstäben im Kreis Wesermarsch ankommen. Bereits am Freitagabend starteten Atomkraftgegner Proteste.

Nordenham/Grohnde. Atomkraftgegner haben am Freitagabend Proteste gegen den Transport plutoniumhaltiger Mischoxid (Mox)-Brennelemente nach Niedersachsen gestartet. Am Atomkraftwerk Grohnde begann eine „Dauermahnwache“, wie Tobias Darge von der Bürgerinitiative „Grohnde abschalten“ sagte. Die acht Brennelemente sind für den Einsatz in Grohnde bestimmt.

Ein Schiff bringt sie derzeit von Großbritannien zum Hafen von Nordenham an der Unterweser. „Wir bleiben hier so lange, wie der Transport dauert“, sagte Darge. Die Teilnehmer hätten Zelte und mobile Toiletten aufgestellt. Für das Wochenende sind weitere Aktionen angekündigt. Am Sonntag wollen Umweltschützer mit Paddelbooten auf der Unterweser demonstrieren. Die Polizei im Kreis Wesermarsch hat sich auf mehrtätige Proteste eingestellt.

Wann genau der Frachter „Atlantic Osprey“ im Hafen von Nordenham festmachen wird, ist unklar. Weder der Energiekonzern Eon, der das Kernkraftwerk Grohnde betreibt, noch das niedersächsische Innenministerium oder das Umweltressort wollten sich zu Ankunftszeit und Route nach Grohnde äußern. Polizisten sollen den Atomtransport über Wasser und an Land schützen. Die Polizei in Oldenburg, die die Führung übernimmt, geht von einem mehrtägigen Einsatz aus.

Die Wasserschutzpolizei wird das Schiff durch deutsche Gewässer bis nach Nordenham geleiten. An welchem Anleger es festmachen wird, wollte Polizeisprecherin Britta Breuers nicht verraten. Von Nordenham könnte es recht zügig weiter gehen. Denn die Brennelemente befinden sich bereits auf Transportfahrzeugen und müssten nicht mehr umgeladen werden, erläuterte Breuers.

Mitarbeiter von Greenpeace hatten beobachtet, wie die „Atlantic Osprey“ am frühen Mittwochmorgen den Hafen in Großbritannien verlassen hatte. Die derzeitige Position des Schiffes ist aber unbekannt. Es habe sein automatisches Identifikationssystem ausgeschaltet, sagte Bernd Ebeling von der Anti-Atom-Initiative „contrAtom“. „Das ist rechtlich nicht zulässig, bei Atomtransporten aber geläufig.“ Am Sonntag wollen er und andere Aktivisten mit Booten auf der Weser und am Ufer gegen den Transport demonstrieren.

Die sogenannten Mischoxid-Brennelemente (MOX) aus der Wiederaufbereitungsanlage Sellafield stellen nach Ansicht von Greenpeace-Experte Heinz Smital ein unkalkulierbares Risiko dar. „Diese Brennstäbe sind der Kehricht einer defekten Anlage.“ Im vergangenen August hatte die britische Regierung beschlossen, die Fabrik zu schließen. Statt der ursprünglich bestellten 64 seien deshalb nur 16 Brennstäbe für deutsche Kunden fertiggestellt geworden, sagte Smital. Sie sollen aufgeteilt auf den bevorstehenden und einen zweiten Transport nach Grohnde kommen.

Atommülltransporte über niedersächsische Häfen sind nach Angaben des Wirtschaftsministeriums in Hannover eher selten. Einen Transport von MOX-Elementen habe es sogar seit Ende der 80er-Jahre nicht mehr gegeben, sagte Sprecherin Anne Neumann. Beim Bundesamt für Strahlenschutz sind derzeit auch keine weiteren beantragt. Trotzdem ist man im Kreis Wesermarsch beunruhigt, seitdem Bremen seine Häfen für Atomtransporte gesperrt hat. „Wir befürchten, dass Nordenham zum Schwerpunkt für den Umschlag über den Wasserweg wird“, sagte Hans-Otto Meyer-Ott, der für die Grünen im Kreistag sitzt.

Anfang der Woche hatten der Kreis und die Stadt Nordenham in einer Resolution den Stopp des Atomtransports gefordert. Alle Anträge für Kernbrennstofftransporte landen beim Bundesamt für Strahlenschutz, das deren Sicherheit prüft. „Werden alle Voraussetzungen erfüllt, müssen wir eine Genehmigung erteilen. Der Antragsteller hat dann einen Rechtsanspruch darauf“, sagte Sprecher Florian Emrich. Ist ein Transport also erstmal genehmigt, kann er ohne weiteres nicht mehr aufgehalten werden.