Am kommenden Freitag wird das Darwineum eröffnet. Doch es kommt Kritik von Tierpsychologen an der Haltung von Menschenaffen in Zoos.
Rostock. In Anwesenheit eines Ururenkels des Evolutionsforschers Charles Darwin (1809-1882) wird am kommenden Freitag im Rostocker Zoo das Darwineum eröffnet. Die 28,8 Millionen Euro teure Anlage ist die neue Heimat der Gorillas, Orang-Utans und 40 anderer Tierarten. Die Menschenaffen sind bereits vor einigen Wochen eingezogen und gewöhnen sich derzeit an ihre neue Umgebung.
Für Besucher öffnet das Darwineum ab dem 8. September. Auf 20 000 Quadratmetern Fläche wird ihnen eine spektakuläre Reise durch die Evolution versprochen. Das Ausstellungskonzept verbindet Abenteuer, Umweltbildung und Wissenschaft. Anfassen und Mitmachen sind erwünscht.
Kritik an Menschenaffen-Haltung
„Endlich müssen die Affen nicht mehr in dem alten Haus leben.“ Dieser Satz kommt den meisten Besuchern des Rostockers Zoos über die Lippen, wenn sie an die bisherigen schlicht unerträglichen Bedingungen für die Menschenaffen denken. Der Gorilla „Assumbo“ und vier Orang-Utans lebten auf 200 Quadratmetern in einem knapp 60 Jahre alten und heruntergekommenen Käfighaus.
Nach vielen Jahren des Geldsammelns und Planens wird am kommenden Samstag das 28,8 Millionen Euro teure Darwineum, die neue Heimat von Gorillas und Orang-Utans, eröffnet. Darin ist ein Gang durch die Evolution integriert – Edutainment (Bildung und Unterhaltung) auf hohem Niveau. Neben den Menschenaffen werden rund 40 Tierarten ihre Heimat im Darwineum finden, darunter Galapagos-Riesenschildkröten, Nashornleguane, Zwergseidenäffchen oder Kattas.
„14 000 Quadratmeter, davon 10 000 als Außengehege, stehen den Menschenaffen und den Kattas zur Verfügung“, sagt Zoodirektor Udo Nagel. Die Tropenhalle mit jeweils 2000 Quadratmetern pro Art bieten den Primaten getrennte Aufenthalts- und Schlafräume.
Die vergleichsweise guten Bedingungen im Darwineum können nach Ansicht der Giordano-Bruno-Stiftung nicht die Problematik der Haltung dieser hochintelligenten Tiere wettmachen. „Sie sind Lebewesen, die sich genetisch und in geistigen, emotionalen und kommunikativen Fähigkeiten nur wenig von uns unterscheiden. Der größte Unterschied zwischen Schimpansen und Menschen ist, dass sie ein paar Haare mehr auf dem Körper haben“, sagt der Psychologe Colin Goldner, der jüngst für die Zeitschrift „National Geographic“ alle 38 deutschen Zoos mit Menschenaffen untersuchte. Bei vier Fünfteln wurde deren Haltung mit mangelhaft oder ungenügend bewertet.
Die Größe des Außengeheges spiele nur eine untergeordnete Rolle. „Menschenaffen sind Tiere der Subtropen und verbringen im Zoo rund 90 Prozent der Zeit im Haus.“ Bei Kälte oder Regenwetter sei das Risiko, eine Erkältung zu bekommen, zu groß, sagt Goldner.
Ein Argument, das Nagel nicht gelten lässt. Auch wenn sich die Tiere im Winter im Tropenhaus aufhalten werden, geht der Zoodirektor doch davon aus, dass sie über das Jahr hinweg tagsüber zu 60 Prozent draußen sein werden. „Wir lassen den Tieren die Möglichkeit, frei zwischen drinnen und draußen zu wählen.“
Ein weiteres Problem der Haltung von Primaten, die wie Menschen über ein Ich-Bewusstsein verfügten, ist laut Goldner, dass sie wenig zu tun haben: „Es ist ihnen einfach tödlich langweilig.“ In der freien Wildbahn seien sie den Tag über mit Nahrungssuche oder Nestbau beschäftigt. Beides werde ihnen im Zoo abgenommen.
„Über die Beschäftigung von Primaten gibt es Glaubenskriege“, kontert Nagel. In Rostock werde zusammen mit dem Leipziger Max-Planck- Institut für evolutionäre Anthropologie, das sich in der dortigen Menschenaffenanlage Pongoland engagiert, alles getan, um die Tiere zu beschäftigen und intellektuell zu fordern. „Wir vergesellschaften Gorillas mit Meerkatzen und Orang-Utans mit Gibbons
- eine interessante soziale Interaktionen.“ Ihnen würden Werkzeuge angeboten oder sie würden auch trainiert, einfache medizinische Handlungen an sich vornehmen zu lassen. Sollten sich Defizite herausstellen, werde der Zoo nachsteuern, sagt der Zoodirektor zu.
Für Nagel geht es bei der Haltung von Menschenaffen auch darum, auf die spezielle Problematik dieser Tiere in ihrer natürlichen Umgebung aufmerksam zu machen, denn überall schwinde ihr Lebensraum. „Sie haben das Recht, auf diesem Planeten zu überleben. Das ist eine Aufgabe, die wir gemeinsam lösen müssen.“ Zoos seien die Plattform für die Diskussion über den Schutz der Reservate. „Wenn wir das nicht wachhalten, wenn wir die Menschen nicht für die Tiere faszinieren, dann können wir nicht für sie und ihre Lebensräume werben. (dpa)