Wo Erich Honecker auf die Pirsch ging, übernehmen Niederländer das Kommando. Ein Hotelier bot 3,4 Millionen Euro für die Immobilie.

Waren. Niederländer scheinen eine besondere Affinität zu den Hinterlassenschaften von Ex-DDR-Staatschef Erich Honecker zu haben. 2009 erwarb Touristik-Unternehmer Ben Thijssen dessen Staatsflieger, um das Propellerflugzeug vom Typ Iljuschin 18 zur Luxusherberge am Boden umzubauen. Nun kommt auch der ehemalige Jagdsitz Honeckers am Drewitzer See in der idyllischen Mecklenburgischen Seenplatte in niederländische Hand. Die weltweit agierende Hotelgruppe Van der Valk erhielt am Montag bei einer Zwangsversteigerung der einstigen Nobel-Immobilie, deren letzter Besitzer Insolvenz anmelden musste, am Amtsgericht Waren für 3,4 Millionen Euro den Zuschlag.

Doch zunächst bleibt der Kauf noch eine Hängepartie für die Niederländer, die schon seit dem Vorjahr das Gästehaus und die im Umfeld neu errichteten Ferienhäuser betreibt: Kurz vor Beginn der Auktion tauchte eine bisher unbekannte Grundschuldforderung aus den Reihen der bisherigen, aber insolventen Eigentümer auf. „Wir ziehen die Versteigerung jetzt aber durch“, sagte Rechtspflegerin Kristin Kohbieter und rief die Gebote ab. Eine rechtskräftige Entscheidung über die Versteigerung soll nach einer Prüfung am 28. November verkündet werden.

Ohne besondere Begründung hatte das Gericht die einstige Honecker-Immobilie in zwei fast gleichgroße Stücke geteilt, deren Verkehrswert mit jeweils etwa 1,8 Millionen Euro angegeben wurde. Zu einem echten „Bietergefecht“ kam es aber nur beim ersten Teilstück, auf dem die Honecker-Villa samt Schwimmbad und alter Honecker-Suite sowie einem Teil der neuen Ferienhäuser liegt. „Wir wollten von Anfang an nur seriöse Geschäfte machen“, sagte der Chef der Hotelgruppe, Vincent van der Valk und eröffnete die erste Auktionsrunde mit 2,2 Millionen Euro. Ein Geschäftsmann aus Duisburg bot jeweils 10.000 Euro mehr, gab aber bei 2,5 Millionen Euro auf. „Viel weiter wären wir auch nicht gegangen“, sagte van der Valk, der die größte Hotelkette der Niederlande mit weltweit 95 Hotels führt. Fünf davon in Mecklenburg-Vorpommern. 16 sind es in ganz Deutschland.

Dann kam die zweite Runde. Ohne das zweite Teilstück mit weiteren Ferienhäusern, einem Badestrand und viel Infrastruktur wäre die Ferienimmobilie nicht vollständig, begründete van der Valk das Gebot von 900.000 Euro, mit dem er gerade den halben Verkehrswert erreichte. Er blieb einziger Bieter und erklärte schließlich: „Ich bin zufrieden.“

Das Jagdgrundstück am Drewitzer See, einem der saubersten Seen in Deutschland, hatte Stasi-Chef Erich Mielke für Honecker in den 80er-Jahren aufwendig ausbauen lassen. Das geheimnisumwitterte Objekt war im Zuge der friedlichen Revolution 1989 von aufgebrachten Bürgern gestürmt worden, wie viele andere Häuser privilegierter SED-Größen.

1998 hatte ein Geschäftsmann Honeckers Jagdsitz erworben und mit zahlreichen Ferienhäusern bebaut. Er war 2009 in Insolvenz gegangen.

Bürgermeisterin Birgit Kuhrt äußerte sich zufrieden, dass nun Van der Valk das Zepter führen wird. „Die betreiben die große Hotel- und Ferienanlage ja schon und kennen sich dort aus“, sagt sie. Van der Valk hat auch schon Pläne: „Inzwischen muss dringend investiert werden“, sagt der Unternehmenschef. „Die Gruppe soll mal ruhig noch ein bisschen mehr Chic reinbringen“, forderte Bürgermeisterin Kuhrt, die auch an weitere Arbeitsplätze für Leute aus ihrem Dorf denkt.

An die alten Jagdzeiten erinnert auf dem Gelände nur noch wenig. Der kilometerlange Anfahrtsweg durch den Wald aber verrät noch etwas über die „Heimlichkeiten“ der DDR-Oberen, die sich bei ihren Jagdgelüsten von der Öffentlichkeit abschirmen ließen. Im Restaurant im einstigen Jagdhaus hängen noch Fotos von den „Jagderfolgen“ Honeckers und dessen Gästen. Und wer sich noch intensiver an die damalige Zeit erinnern will, dem steht die Honecker-Suite und das ehemalige Heimkino der illustren Jagdgäste von einst zur Verfügung.