Günstiger Wohnraum ist für Studenten rar. Das Eilenriedestift bietet 15 Studenten Zimmer an - Anschluss an die Senioren im Haus inklusive.
Hannover. Renate Jaene freut sich auf ihre neuen Mitbewohner. Lebendiger werde es jetzt, hofft die 81-Jährige. Denn die 15 neuen Mieter, die Ende September in den Eilenriedestift in Hannover einziehen, reißen den Altersdurchschnitt rapide herunter: Es sind Studenten, die in Zukunft Wand an Wand mit den Senioren leben.
„Am Anfang haben meine Freunde schon gelächelt, als ich ihnen erzählt habe, dass ich während des Studiums in ein Seniorenstift ziehe“, sagt Nicolai Böker. „Wenn ich ihnen aber sage, was ich für mein 30-Quadratmeter-Zimmer zahle, sind die schon neidisch.“
Etwa 230 Euro kostet ein Zimmer für die Studenten. Wenig Geld für die jungen Leute, die wegen doppelten Abiturjahrgangs und Wegfalls des Wehrdienstes so zahlreich an die Unis strömen, wie noch nie zuvor. „Schon als das Eilenriedestift 1969 gegründet wurde, gab es den Plan, Studenten eine günstige Unterkunft zu bieten“, sagt Uwe Weiner, als Wohnstift-Berater verantwortlich für das Projekt.
Ein erster Test mit zwei Studenten im vergangenen Jahr war so erfolgreich, dass das Projekt unter dem Namen „Jung trifft Alt“ fortgesetzt wurde. Im Sommer wurden die Zimmer auf einschlägigen Studentenseiten im Internet inseriert. Innerhalb kürzester Zeit waren alle Plätze belegt.
„Wir haben natürlich mit allen Bewerbern Gespräche geführt. Es geht ja auch darum, die gute Stimmung im Stift zu erhalten“, sagt Anton Bilek, Geschäftsführer des Eilenriedestifts. Gute Umgangsformen, ein gepflegtes Äußeres, Interesse an neuen Erfahrungen - das waren die Voraussetzungen für den Einzug.
Der Altersdurchschnitt der etwa 400 Bewohner liegt bei 86 Jahren. Da fallen die 15 Studenten auf – und das sehr positiv. „Ich finde es schön, wenn sich jung und alt begegnen“, sagt Renate Jaene.
„Ich bin gespannt auf die Gespräche mit meinen neuen Mitbewohnern“, sagt Johanna Kaste. Die 20-Jährige ist aus Alfeld nach Hannover gezogen, um Geodäsie und Geo-Informatik zu studieren. „Ich sehe es als Gewinn, mich mit erfahrenen Menschen austauschen zu können.“
Vielleicht bekommt sie bei der einen oder anderen Prüfung auch mal Hilfe. „Hier wohnen Menschen mit so vielen verschiedenen Berufen, die sicherlich auch mal Lernhilfe geben können“, sagt Jürgen Fokuhl, ehemaliger Lehrer und jetzt im Stiftungsbeirat der Bewohner. „Außerdem freuen wir uns, mal Neues kennenzulernen und zu hören, wie das jetzt so an der Universität abläuft.“
Die jungen Studenten dürfen ihre Freizeit im Stift so verbringen wie ihre Kommilitonen in deren Wohnheimen auch. „Auch Übernachtungen von Freunden oder Familie ist kein Problem“, sagt Geschäftsführer Bilek.
„Solange sich die Nachbarn nicht beschweren, dürfen sich die jungen Studenten gerne ausleben“, sagt Wohnstift-Berater Weiner. Auch gemeinsames Kaffee- oder Weintrinken sei willkommen. „Die Bewohner freuen sich, wenn sie die Studenten auch mal beim Essen sehen“, sagt Walter Kuhlmann, seit sechs Jahren im Eilenriedestift. „Und das ist bestimmt besser als in der Mensa.“