Außenminister Guido Westerwelle hat Amtskollegen aus dem Baltikum am Mittwoch zur Ostsee-Konferenz im Kurhaus Binz getroffen.
Binz. Deutschland und die baltischen Staaten wollen enger zusammenrücken. Deutschland habe ein großes Interesse an einer engen Kooperation im Ostseeraum, sagte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) nach einem Treffen mit seinen baltischen Amtskollegen aus Lettland, Litauen und Estland am Mittwoch in Binz auf der Insel Rügen. „Wir wollen dass die Ostseeregion eine blühende Region ist, wirtschaftlich, touristisch, politisch.“ Deutschland hat im Sommer die Präsidentschaft im Ostseerat übernommen. Dessen Ziel ist es, die Zusammenarbeit in den Bereichen der Wirtschaft, Kultur, Energie, Umwelt und zivile Sicherheit voranzubringen. Die Beziehungen zu den baltischen Ländern bezeichnete Westerwelle als „vorzüglich“.
Westerwelle zeigte sich beunruhigt über die Entwicklung in Weißrussland. Bei alledem, was im Norden Afrikas passiere, dürfe nicht vergessen werden, dass auch in der unmittelbaren Nachbarschaft Menschen unterdrückt und in Gefängnisse geworfen würden, weil sie für Freiheit und Menschenrechte auf die Straße gehen. „Wir solidarisieren uns mit denen, die für Demokratie und Freiheit eintreten“, sagte Westerwelle.
Die Ostsee-Pipeline, die 1200 Kilometer vom russischen Wyborg nach Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) führt und ab Herbst 2011 sibirisches Erdgas direkt über die Ostsee nach Deutschland leitet, bezeichnete Westerwelle „unterm Strich (als) große Chance für Deutschland und die Region“. Die Ostsee-Pipeline mache Deutschland in seiner Energieversorgung unabhängiger. Zugleich übte Westerwelle Kritik am Zustandekommen des 7,4 Milliarden Euro teuren Pipeline-Projektes. Es wäre besser gewesen, auch andere Länder frühzeitig einzubeziehen, gab Westerwelle zu bedenken. „Aber das ist alles vergossene Milch, das ist Vergangenheit.“ Vor allem Polen und die baltischen Länder hatten das von Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eingefädelte Geschäft mit dem russischen Energieriesen Gazprom kritisiert. Am Donnerstag wird in Lubmin die symbolische Verbindungsschweißnaht zwischen der Ostsee-Pipeline und der Festlandleitung Opal gezogen.
Westerwelle zeigte sich zuversichtlich, dass es zu Reiseerleichterungen zwischen der russischen Exklave Kaliningrad und den EU-Anrainern kommen werde. „Wir sind zuversichtlich, dass der kleine Grenzverkehr gelingen kann.“ Diese Frage werde jetzt auf europäischer Ebene erörtert. Einen Zeitrahmen ließ Westerwelle offen. Deutschland gibt im kommenden Jahr die Ostseerats-Präsidentschaft an Russland ab.
Mit seinen baltischen Amtskollegen beriet Westerwelle über den Ausbau der touristischen Zusammenarbeit. Die Ostseeanrainer wollen gemeinsam Touristen aus China und Asien in den Blick nehmen, dafür müsse die Infrastruktur ausgebaut werden.
Am Rande des Treffens verteidigte der Außenminister die deutsche Zurückhaltung beim Libyen-Kampfeinsatz. Er glaube, dass die Entscheidung, dass Deutschland nicht mit Kampftruppen dabei gewesen sei, eine richtige gewesen sei, sagte Westerwelle. „Ich würde sie wieder so fällen.“ Dass Deutschland auf den zivilen Wiederaufbau und die Wiederherstellung der Infrastruktur setze, liege in der Kontinuität der deutschen Außenpolitik. Mit der Kritik an dieser Entscheidung könne er leben. Er appellierte am Mittwoch an Gaddafi, die Ausweglosigkeit in der jetzigen Situation zu erkennen und den Weg für eine demokratische Entwicklung frei zu machen. Zugleich zeigte er
sich „außerordentlich besorgt“ über Berichte, dass Journalisten von Gaddafi-Anhängern festgehalten werden.
Unterdessen pflichtete der Außenminister Alt-Kanzler Helmut Kohl (CDU) bei, der eine „scharfkantige Kritik“ an der frühen Aufweichung des Stabilitätspaktes in der Europäischen Union geübt habe. „Diese Kritik teile ich ausdrücklich. Es war ein Fehler, in früheren Jahren die Stabilitätskultur aufzuweichen“, sagte Westerwelle.