SPD-Spitzenkandidat Albig schwimmt auf einer Sympathiewelle, legt sich politisch aber ungern fest
Im Wahlkampf ist Torsten Albig eine Klasse für sich. Der Jurist, 48, kann mit Menschen, geht offen auf sie zu, ist weniger Politiker, mehr der nette Onkel von nebenan. Der SPD-Spitzenkandidat liegt auch deshalb bei den Sympathiewerten deutlich vor seinem Konkurrenten Jost de Jager (CDU).
Punkten kann der rote Charmeur vor allem dort, wo er erstmals auftritt. Wer den gebürtigen Bremer, der in Ostholstein aufwuchs, häufiger auf der Tour durch sein "Lieblingsland" erlebt, vermisst allerdings klare Aussagen. Albig kennt die Kritik, weiß aber eben auch, dass viele Menschen laute Kampfreden und heftige Attacken auf den politischen Gegner leid sind, die sanfte Tour sich auszahlt. So war es in Kiel 2009, als der Genosse mit der Glatze die CDU-Oberbürgermeisterin bezwang. So war es 2011, als der neue OB sich bei der SPD-Kür souverän die Spitzenkandidatur gegen Partei- und Fraktionschef Ralf Stegner sicherte. Um dann mit dem Verlierer eine Arbeitsteilung zu vereinbaren, die aus einem Polizeihandbuch stammen könnte. Albig sammelt als "good guy" Stimmen im bürgerlichen Lager, Stegner hält als "bad guy" die linke Landes-SPD auf Kurs.
Wer Albig aber dumm kommt oder genau wissen möchte, wie die SPD ihre Wahlversprechen bezahlen will, lernt eine andere Seite des Spitzenkandidaten kennen. Der Fußballfan (Arminia Bielefeld), der mit Ehefrau, Sohn und Tochter in Kiel lebt, grantelt erst und spielt dann seine rhetorische Erfahrung aus der Bundesliga aus, wo er als Ex-Pressesprecher der Dresdner Bank und der Finanzminister Oskar Lafontaine, Hans Eichel und Peer Steinbrück oft genug mit vielen Worten wenig sagen musste. Ob das für die Landesliga reicht, zeigt sich am Mittwoch, wenn Albig und de Jager im NDR-TV-Duell (21 Uhr) Farbe bekennen sollen.