Doris Schröder-Köpf macht nur drei Tage nach der SPD-Kreiswahl, bei der sie sich gegen ihre parteiinterne Konkurrentin Sigrid Leuschner als Kandidatin für die niedersächsische Landtagswahl 2013 durchsetzte, Wahlkampf. Der ist zwar schmutzig, aber für einen guten Zweck. Denn die Aha-Entsorgungsbetriebe Hannover wollen für jeden abgegebenen Müllsack einen Euro an die städtische Einrichtung für Straßenkinder „bed by night“ spenden.

Hannover. Ein Spielplatz in Hannover. Im strahlenden Sonnenschein sitzt eine junge Mutter im rosa T-Shirt auf einer Bank und schaut ihren beiden Töchtern beim Rutschen zu. Der Mülleimer neben ihr quillt über, ganz oben sind zwei angeknabberte Eiswaffeln drapiert. Plötzlich kommt eine kleine Frau mit blonden Haaren und strahlendem Lächeln vorbei, grüßt kurz – und macht sich im Gebüsch zu schaffen. Mit grünen Gummihandschuhen stopft sie Müll in einen roten Plastiksack. Nur das Klackern der Kameras der Pressefotografen übertönt das Rascheln.

So sieht das aus, wenn die Frau eines Ex-Kanzlers in aller Öffentlichkeit im Müll wühlt: Doris Schröder-Köpf macht nur drei Tage nach der SPD-Kreiswahl, bei der sie sich gegen ihre parteiinterne Konkurrentin Sigrid Leuschner als Kandidatin für die niedersächsische Landtagswahl 2013 durchsetzte, Wahlkampf. Der ist zwar schmutzig, aber für einen guten Zweck. Denn die Aha-Entsorgungsbetriebe Hannover wollen für jeden abgegebenen Müllsack einen Euro an die städtische Einrichtung für Straßenkinder „bed by night“ spenden.

Verdutzt schaut die junge Mutter der prominenten Müllsammlerin und den Reportern hinterher. „Ich habe nicht so viel Zeit, um mich mit Politik zu beschäftigen“, sagt sie und schaut nach ihren Töchtern, die im Kindergartenalter sind. Schröder-Köpf will im Stadtteil Döhren an diesem Samstagvormittag noch möglichst viel Müll sammeln. Schon Tage zuvor hat der SPD-Ortsverein mit Plakaten für die jährliche Sammelaktion geworben, gut 20 Leute machen mit.

Derweil ist Schröder-Köpf in einer Seitenstraße angekommen. Die Ärmel ihres blauweiß karierten Hemdes hat sie hochgekrempelt. „Mein Mann ist mit den Kindern im Zoo“, erzählt sie der Reporterschar. Sie finde es schön, einen Vormittag auf diese Art mit „so einer bunten Truppe“ zu verbringen. Mit dabei ist auch die Vorsitzende des Sozialverbands Deutschlands (SoVD), Ursula Pöhler. Die weißhaarige Frau wird gleich einen schwarzen Turnschuh aus dem Gebüsch fischen. „Einen Prominentenstatus hat sie bei uns im Ortsverein nicht“, sagt die 75-Jährige über die Gattin von Gerhard Schröder. „Sie ist eine eigenständige Persönlichkeit, die selbst schon viel erreicht hat.“

Nach gut einer Stunde legen die Müllsammler eine Pause ein. Während Schröder-Köpf von einem Kamerateam beim Eisessen gefilmt wird, diskutiert Dietmar, der Anfang 20 und gerade bei den Jusos eingetreten ist, mit einem Genossen über die Piratenpartei. Ein Dutzend voller Müllsäcke stapelt sich daneben und ein gefundener Studentenausweis wird herumgezeigt. Er gehört einem Studenten der Frankfurter Goethe-Universität, ist aber schon abgelaufen und landet schließlich auch im Müllsack. Dann schwärmen die Sammler wieder aus und kommen auch in die Straße, in der Schröder-Köpfs bei der Kreiswahl unterlegene Rivalin Leuschner wohnt.

Der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Angelo Alter zeigt auf ihr Haus auf der anderen Straßenseite. „Sie hat geäußert, dass sie den Ortsverein verlassen will“, sagt er. „Wir wollen kein innerparteiliches Störfeuer“, deshalb sei ihre Entscheidung gut für den Wahlkampf, sagt er. Schließlich sei dieser Wahlkreis der für die SPD „am schwersten zu knackende in Hannover“. Schnell lassen die Müllsammler um Schröder-Köpf die Straße hinter sich.

Ein bisschen zu schnell für die 75-jährige Pöhler. Als sie einige Minuten später auch am Treffpunkt ankommt, wirft sie ihren vollen Sack auf den mittlerweile hüfthohen Haufen. „Nicht nur eine Straßenseite saubermachen“, ruft sie den anderen augenzwinkernd zu. Derweil hat sich die junge Mutter wieder ihren spielenden Töchtern zugewandt.