Vogelspinnenzüchter Andreas Mennigke hat rund 50 ausgewachsene Tiere in seiner Wohnung. Zu Höchstzeiten hatte er 2000 Spinnen im Haus.

Peine. Andreas Mennigke schiebt langsam die Glaswand des Terrariums auf. Nur einen Spalt breit, nicht einmal ein Finger würde hindurch passen. Die Vogelspinne, eine „Acanthoscurria geniculata“, bewegt langsam ihre dünnen schwarzen Beine, gemächlich schiebt sie sich durch ihren gläsernen Käfig. Mennigke faltet ein Stück Papier und schiebt es vorsichtig durch den Spalt ins Terrarium. Der improvisierte Stab erreicht die Spinne, berührt ihr Vorderbein - und plötzlich schießt sie aus der Ecke hervor und krallt zwei dicke schwarze Fangzähne in das Papier. „Man sollte nie den Respekt vor den Tieren verlieren“, sagt Mennigke.

Rund 50 ausgewachsene Tiere hält der Vogelspinnenzüchter in seinem Haus in Klein Ilsede (Kreis Peine), dazu kommen noch einmal hundert Spinnenbabys aus eigener Züchtung, Skorpione, Schlangen und Agamen. Ein ganzer Raum im Keller ist reserviert für die Regale voller Terrarien. „Ich habe mich schon als kleiner Junge für eklige Tiere interessiert“, sagt er. „Mit Freunden bin ich durchs Moor gestreift und habe Ringelnattern und Eidechsen beobachtet.“ Als ein Bekannter ihm vor rund fünfzehn Jahren ein Buch über Vogelspinnen leiht, ist der Tierfan gleich begeistert: Er liest sich zunächst fachliches Grundwissen an und kauft sich dann seine ersten beiden Vogelspinnen. „Am Anfang war ich noch total unsicher“, sagt er. „Einmal wollte ich das Terrarium putzen. Und als sich die Spinne bewegte, habe ich einen Riesensatz rückwärts gemacht.“

Doch der 45-Jährige lernt schnell, das Verhalten der Tiere richtig einzuschätzen. Und mit dem Wissen wächst nicht nur die Faszination für dieVogelspinnen, sondern auch sein Bestand im Keller. „Irgendwann ist man süchtig.Man fährt zu einer Börse und denkt, die Art hast du noch nicht, die Spinne brauchst du noch.“ In den Höchstzeiten hatte Mennigke an die 2000 Spinnen im Haus. „Das war eine unglaubliche Arbeit.“

Auch heute noch braucht er für die Fütterung und Pflege der Tiere täglich eine Stunde. Mennigke, der eigentlich als Chemielaborant arbeitet, will mit den Spinnen in seinemKeller aber auch Aufklärungsarbeit betreiben:Immer wieder lädt er Schulklassen zu sich ein oder geht mit den Tieren in Seniorenzentren. Um dabei Schwierigkeiten mit Behörden vorzubeugen, hat er extra einen Sachkundenachweis für seine Spinnenzucht erbracht. Denn die Haltung von Vogelspinnen ist grundsätzlich genehmigungspflichtig, sagt Karl-Heinz Utgenannt von der Stadt Hannover. In Niedersachsen gelte dafür die Gefahrtierverordnung.

„In der Praxis läuft das so, dass das Amt hingeht, sich die Örtlichkeit anschaut und dann über die Genehmigung entscheidet“, sagt Utgenannt. Andreas Mennigke besitzt zwar keine hochgiftigen Tiere, hält aber einen Sachkundenachweis generell für eine gute Sache:Schon allein zum Schutz der Tiere. „Wer kuscheln will, sollte sich lieber einen Hamster kaufen“, sagt er. Ihn fasziniert vor allem die Möglichkeit, die Spinnen genau zu beobachten – zu sehen, wie sie sich häuten, wie sie fressen, sich bewegen, sich paaren. „Heute ist der kleine Kerl hier mit der Fortpflanzung dran“, sagt er und nimmt mit der Pinzette und einer Plastikbox ganz vorsichtig eine Xenestis immamis heraus - eine Bombardierspinne aus Südamerika. „Sie heißt so, weil sie ihren Angreifer mit kleinen Brennhaaren bombardiert, die auf ihrem Hinterteil wachsen“, sagt Mennigke. Die Spinne ist handtellergroß, ihre Beine sind lang und haarig, auf dem Rücken prangt ein schwarz-rotes Muster. Andreas Mennigke öffnet ein weiteres Terrarium und setzt die Spinne zu einem Weibchen.

Er wartet geduldig. Langsam, ganz langsam schiebt sich das Tier nach vorne. „Das ist ein heikler Moment“, sagt der Züchter. „Wenn die beiden sich angreifen, dann kann ein Mensch nicht mehr dazwischen gehen. Der Zugriff ist schneller, als unser Auge das erfassen kann.“Und tatsächlich schießen die beiden Spinnen plötzlich blitzschnell aufeinander los. Innerhalb von Sekunden verkeilen sie sich ineinander, es wirkt eher wie ein gewaltsamer Ringkampf als eine Paarung. Nach wenigen Minuten ist alles vorbei und das Weibchen zieht sich wieder zurück in seine Ecke – langsam, vorsichtig und lauernd.