In der kommenden Woche soll die Genehmigung für den Rahmenbetriebsplan des Salzstocks verlängert werden. Die Grünen sind dagegen.
Berlin. Die Grünen haben sich vehement gegen die Absicht der schwarz-gelben Koalition gewandt, den niedersächsischen Standort Gorleben wieder als Endlager für radioaktiven Müll erkunden zu lassen. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth warf Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) vor, er ignoriere geologische Realitäten ebenso wie die Sorgen der Bevölkerung. Um den Salzstock nach zehnjährigem Stopp weiter erkunden zu können, soll in der kommenden Woche die Genehmigung für den Rahmenbetriebsplan verlängert werden, wie in Regierungskreisen zu erfahren. Röttgen will sich an diesem Montag in Berlin dazu äußern.
Im Jahr 2000 hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung nach jahrelangen Streitigkeiten um Gorleben einen auf zehn Jahre begrenzten Erkundungsstopp (Moratorium) verhängt. Röttgen und die Umweltpolitiker von Union und FDP verständigten sich nun darauf, die Ende März auslaufende Betriebserlaubnis zu verlängern. Kritiker dieses Verfahrens befürchten, eine qualifizierte Bürgerbeteiligung solle so ausgehebelt werden. Würde man die Frist für die alte Erlaubnis nach einfachem Bergrecht verstreichen lassen, müsste man eine neue Genehmigung nach Atomrecht einholen, die aufwendiger und zeitraubender wäre.
„Röttgen lüftet sein blassgrünes Mäntelchen“, erklärte die Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth. „Als hätte es das Asse-Desaster und die Gorleben-Tricksereien nie gegeben, setzt der Atomminister unbeirrt auf einen ungeeigneten Endlager-Standort.“ Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warf dem Minister in einer Mitteilung vor, er wolle die Erkundung des Salzstocks auf der Grundlage völlig überalterten Rechts fortsetzen. Die Interessen der Atomindustrie seien ihm wichtiger als die Sicherheit und Gesundheit der Menschen. Künast forderte ein transparentes Standortsuchverfahren mit mehreren Alternativstandorten und einer breiten Beteiligung der Öffentlichkeit.
Die atompolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Sylvia Kotting-Uhl, sprach von einem „handfesten Skandal“. Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation, warf Röttgen vor, mit seinem Vorgehen den Konflikt um Gorleben zuzuspitzen, und kündigte massenhafte Proteste an. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt begrüßte hingegen im „Hamburger Abendblatt“ eine weitere Erkundung des Salzstocks. Sie könne acht bis zehn Jahre dauern, heißt es nach einem „Spiegel“-Bericht im Umweltministerium. Das Endlagerkonzept werde überarbeitet, zudem gebe es eine neue Sicherheitsanalyse. Das Ministerium verspreche Transparenz und eine offene Informationspolitik. Eine internationale Kommission werde die Arbeiten begleiten, ihr Bericht solle veröffentlicht werden.
SPD, Grüne und Linke haben in einem gemeinsamen Antrag die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses im Bundestag beantragt. Dabei geht es unter anderem um die Frage, ob die frühere schwarz-gelbe Bundesregierung von Helmut Kohl (CDU) Expertengutachtenüberging, um die Endlager-Suche zugunsten von Gorleben zu entscheiden.