Zum ersten Mal in Deutschland ist Alkohol in den Zügen verboten. Fahrgäste fühlen sich von betrunkenen Jugendlichen häufig belästigt.
Uelzen. In den Nahverkehrszügen der Metronom Eisenbahngesellschaft sollen vom 15. November an nur noch die Sitzbezüge blau sein. Den Fahrgästen des Uelzener Bahnbetreibers ist es demnächst verboten, an Bord Alkohol zu trinken.
Eine entsprechende Ergänzung der Beförderungsbedingungen hat am Freitag das Niedersächsische Verkehrsministerium genehmigt. "Es ist aber nicht verboten, Alkohol zu transportieren", erklärt Silke Schaar, Sprecherin des zuständigen Landesministers Philipp Rösler. Viel entscheidender ist aber, dass Betrunkene auch weiterhin in den Zügen mitfahren dürfen. "Wir haben laut der Eisenbahn-Verkehrsordnung eine Beförderungspflicht gegenüber allen Reisenden", sagt Metronom-Sprecherin Tatjana Festerling.
Die Folgen einer Praxis wie sie zukünftig in den blau-gelb-weißen Zügen gilt, erlebten Reisende bereits am vergangenen Sonntagabend. Es gab zahlreiche Verspätungen, weil sich Polizisten erst nach langen Diskussionen gegen bereits sturzbetrunkene Fußballfans durchsetzen konnten. Das Alkoholverbot auf den Strecken um Lüneburg war Teil einer Alkohol-Bannmeile zwischen Rostock und dem westfälischen Ahlen. Dorthin waren zahlreiche Hansa-Fans zum Auswärtsspiel ihrer Mannschaft gereist.
Neben Alkohol waren in den Zügen außerdem Glasflaschen tabu. "Das ist untrennbar miteinander verbunden", sagt Ralf Göttner, Sprecher der Bundespolizeidirektion Hannover. "Denn die Flaschen werden häufig als Wurfgeschosse benutzt." Die Bundespolizei hatte nach Angaben Göttners "ein hohes Gefährdungspotenzial prognostiziert". Deshalb galt das kombinierte Alkohol- und Flaschenverbot - eine Premiere für den nordwestdeutschen Direktionsbereich.
In anderen Teilen Deutschlands wurden ähnliche Verbote bereits häufiger ausgesprochen. Und auch das Problem der Schnapsleichen im Zug ist nicht neu. In einigen nordrhein-westfälischen S-Bahnen darf daher weder gegessen noch getrunken werden. An ein Konsumverbot allein von alkoholischen Getränken traute sich bisher kein deutsches Bahnunternehmen. "Ein allgemeines Konsumverbot halten wir aber für kritisch", sagt Festerling. "Denn unsere Fahrgäste sind teilweise länger als eine Stunde unterwegs." Daher will das Unternehmen ihren Kunden wie gewohnt Snacks und Heißgetränke als Komfort-Dienstleistung bieten.
Wie berichtet wurden die Metronom-Fahrgäste in einer Umfrage im Frühjahr nach ihrer Meinung zum Thema Alkoholkonsum befragt. Die Mehrheit war für ein Verbot. Nüchterne Reisende sind genervt vom sogenannten Vorglühen im Zugabteil. Außerdem steigt mit dem Alkoholpegel der Verschmutzungsgrad und die Zahl der Sachbeschädigungen. "In der Vergangenheit haben Randalierer bereits Busse des Ersatzverkehrs zerlegt", erinnert sich Festerling.
Noch erschreckender findet die Unternehmenssprecherin, dass Randalierer bei diesem Vorfall auch einen der Busfahrer angegriffen haben. Bösartige Pöbeleien gegenüber den Schaffnern seien im Vergleich dazu bitterer Alltag. Wenn das Personal zusätzlich das Alkoholkonsumverbot durchsetzen sollen, dürfte sich ihr Arbeitsalltag vor allem am Wochenende kaum entspannen. Festerling schwant Böses: "Die Frage wird sein, ob diese Leute uns meiden oder den Krieg erklären."