Hamburg. Eigentümer haben im Alter viele Möglichkeiten: Verkauf ist nur eine, Grundstücksunterteilung und Wohnrecht auf Lebenszeit sind weitere.

Wann immer die Verbraucherzentrale Hamburg ein Seminar zum Thema „Wohin mit der Immobilie im Alter?“ ankündigt, fangen die Telefonleitungen in der Geschäftstelle an der Kirchenallee 22 an zu glühen. So groß ist das Interesse, doch die Plätze sind schnell vergeben.

„Deswegen bietet sich erst wieder am 27. März und am 17. April die Chance, einen freien Platz für den Vortrag zu ergattern“, sagt Referent Alexander Krolzik, Jurist und Baufinanzierungsberater der Verbraucherzentrale.

In seinem zweistündigen Vortrag zeigt er die diversen Optionen auf, die sich im Umgang mit der eigenen, idealerweise schuldenfreien Immobilie bieten. „Für die einen kann dies bedeuten, Haus oder Wohnung barrierefrei umzubauen, für die anderen, sie zu verkaufen oder sich zumindest von einem Teil des Grundstücks zu trennen – oder aber mit der Immobilie die monatlichen Altersbezüge aufzubessern.

„Ein Patentrezept gibt es aber nicht“, betont Krolzik. Entscheidend sei, dass jeder für sich herausfände, welche Pläne sich mit welchem Modell am besten umsetzen ließen. „Dabei sollte man auch die rechtlichen und finanziellen Vor- und Nachteile des jeweiligen Modells berücksichtigen.“

Mit Zuschüssen Umbau planen

René Müller, Makler im Alstertal, hat in seinem Berufsalltag immer öfter mit solchen Eigentümern zu tun. „Viele tun sich schwer mit dem Gedanken, sich von ihrer Immobilie ganz zu trennen. Ich würde sogar behaupten, drei Viertel der Betroffenen belassen es beim bloßen Nachdenken“, sagt der Immobilien­ökonom.

Seine eigenen Eltern sind ein gutes Beispiel dafür. Beide sind über 80 Jahre alt, bleiben aber trotz aller Beschwernisse weiter in ihrem alten Haus. „Zum Glück haben sie sich mittlerweile einen Treppenlift und ein barrierefreies Bad einbauen lassen – und dies mit hohen Zuschüssen der Krankenkasse.“

Die Nachfrage bei Heike Clauss, Geschäftsführerin des Vereins Barrierefrei Leben, bestätigt: „Umbauten wie ein Treppenlift oder eine bodengleiche Dusche werden von der Pflegeversicherung gezahlt.“ In den Fällen, wo es nicht ganz klar sei, teilten sich die Kranken- und Pflegekassen die Kosten. Möglich sei aber auch, Kostenträger wie zum Beispiel die Pflegekasse und die Hamburger Förderbank miteinander zu kombinieren.

Beratungsangebote nutzen

„Stimmt“, sagt Meike Kirchner, Sprecherin der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB Hamburg). „Wir unterstützen den barrierefreien Umbau von Wohneigentum mit Zuschüssen von 3000 bis 15.000 Euro.“

Die Bewilligung sei aber an bestimmte Einkommensgrenzen gekoppelt. Auch würden die Zuschüsse nur gezahlt, wenn das Eigentum selbst genutzt wird oder der Vermieter sie für einen barrierefreien Umbau beantragt.

Technische Hilfsmittel kann man im Ausstellungsraum von Barrierefrei Leben in der Richardstr. 45 testen.
Technische Hilfsmittel kann man im Ausstellungsraum von Barrierefrei Leben in der Richardstr. 45 testen. © Barrierefrei Leben | Barrierefrei Leben

„Leider ist das Thema oftmals mit Scham behaftet“, sagt Kirchner. Dabei seien auch die Stadt und der Bund mit seinen KfW-Zuschüssen daran interessiert, dass Menschen so lange wie möglich in der eigenen Immobilie wohnen bleiben könnten.

„Ich rate, vorhandene Beratungsmöglichkeiten zu nutzen. Die IFB informiert zu Fragen der Finanzierung und Förderung, der Verein Barrierefrei Leben zu den technischen Hilfsmitteln“, so Meike Kirchner weiter.

Hohe Preise verhindern Downsizing

Denn auch wenn sich viele den Umzug in eine kleinere, barrierefrei gestaltete Wohnung gut vorstellen können – oftmals lässt sich dieser Wunsch nicht umsetzen. Krolzik: „Dafür sind in Städten wie Hamburg die Preise für Eigentumswohnungen derzeit zu hoch.“

Der Erlös für die alte Immobilie werde meist durch den Kaufpreis der kleineren Immobilie in urbaner Lage voll aufgebraucht. René Müller weiß allerdings von einem Fall zu berichten, wo alles optimal lief. „Da das Ehepaar nicht internetaffin war, setzten wir Suchagenten in den Portalen und kümmerten uns um alles. Irgendwann kam ,Kommissar Zufall‘ ins Spiel, und es ergab sich, dass das Paar die Wohnung einer entfernten Angehörigen beziehen konnte.“

Jetzt lebt das Paar mit Ausblick auf Bäume und das Alstertal-Einkaufszentrum in bester Lage. „Wir fühlen uns hier sehr wohl“, bestätigt Erika A. (79). Für sie und ihren Mann (81) reichten die 80 Quadratmeter Wohnfläche vollkommen aus. Das alte, 140 m2­ große Haus in Sasel mit dem gut 900 m2 großen Grundstück wird jetzt von einer fünfköpfigen Familie bewohnt.

Gartenland bringt Geld in die Kasse

Ein Glücksfall, so Müller. Der 52-Jährige hat übrigens seinen Eltern geraten, zumindest einen Teil des Grundstücks zu verkaufen. „Das klappt aber nur, wenn es mindestens 800 m² groß ist, sodass man die Hälfte des ,Gartenlands’ verkaufen kann.“ Im Hamburger Stadtgebiet bekomme man dafür 200.000 Euro und mehr.

Genug Geld, um damit Reisen und Umbauten vornehmen zu können – und Kindern vielleicht vorab Geld zukommen zu lassen. „Damit aber auch ein heißes Eisen“, wie der Makler aus Erfahrung weiß.

Machen Kinder nämlich diesen Vorschlag, setzen sie sich schnell dem Vorwurf aus, es nur aufs Geld abgesehen zu haben. Weil trotzdem viel für diese Option spricht, bietet Müller die Zusendung des kostenlosen Ratgebers „Zehn Schritte zur erfolgreichen Grundstücksteilung“ auf Nachfrage an.

Zusätzliche Rente plus langes Wohnrecht

Eine weitere Möglichkeit ist die sogenannte Verrentung der Immobilie. Die Stiftung Liebenau in Meckenbeuren – ein Anbieter, den Krolzik in seinem Vortrag nennt – spricht in diesem Fall von „Zustifterrente“. Dahinter verbirgt sich die Idee, Haus oder Wohnung zu verkaufen, im Gegenzug erhält man ein lebenslanges Wohnrecht sowie eine „Rente“ – und hat nichts mehr zu tun mit hohen Instandhaltungskosten.

Aber Achtung: Alles ist Verhandlungssache. Also auch die Höhe der monatlichen Bezüge, die von Alter und Wert der Immobilie abhängen. Das bestätigt die Nachfrage bei Klienten der Stiftung.

„Wir haben lange andere Modelle erwogen, aber auf diese Weise können wir in unserem Haus in landschaftlich schöner Umgebung bleiben, bekommen zehn Jahre lang 800 Euro monatlich überwiesen und haben für den Fall unseres Todes alles Wichtige im Umgang mit der Immobilie geregelt“, bestätigt ein Paar, das ungenannt bleiben will. Auch weil es ohne Wissen des Sohnes entschieden hat, dass er die Immobilie nicht erben soll.

Bewirtschaftung ist gesichert

Für Christoph Sedlmeier, Geschäftsführer der Stiftung Liebenau, ein typischer Fall. „Nicht wenige der Eigentümer, die sich an uns wenden, sind kinderlos oder haben sich mit ihrem Nachwuchs zerstritten“, sagt der 54-jährige Diplom-Kaufmann.

Dass sie mit diesem Modell zusätzlich ihre monatlichen Bezüge aufbessern könnten, spiele für viele dieser Eigentümer eine eher geringere Rolle. „Es ist vielmehr der Wunsch, die Immobile gut bewirtschaftet zu sehen.“ Dabei mag für viele auch eine Rolle spielen, dass sich die kirchliche Stiftung dem karitativen Handeln verpflichtet fühlt.

„Trotzdem – auch wir müssen die langfristigen Kosten für die Bewirtschaftung eines Hauses nüchtern berechnen“, betont Sedlmeier. Hier täten sich viele Interessierte schwer, wenn sie erführen, dass gut ein Drittel des Immobilienwertes allein für das Einräumen des lebenslangen Wohnrechts berechnet werde.

„Bei einer Immobilie mit einem Wert von 500.000 Euro sind dies immerhin gut 150.000 Euro. Das sollte man wissen“, so der Kaufmann, der von 85 solcher Verrentungen weiß.

Rückübertragungsklausel sichern

Krolziks Tipp lautet daher: Vorher den Rat eines unabhängigen Ratgebers suchen und nach Möglichkeit alles gut mit Familie und Freunden besprechen. Unabdingbar für ihn: Das Wohnrecht auf Lebenszeit muss notariell verbrieft sein – „und für den Fall, dass der Käufer seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, sollte man sich eine Rückübertragungsklausel sichern.“

Trotz aller Beschwernisse, die mit Veränderungen einhergehen, weiß René Müller dies zu berichten: „Der Mut, etwas zu tun, wird in jedem Fall belohnt!“

Infos und Kontakte: Anmeldungen für die Seminare in der Verbraucherzentrale Hamburg, Kirchenallee 22, unter www.vzhh.de oder Tel. 24 832–108.
Das Beratungszentrum für technische Hilfen & Wohnraumanpassung befindet sich in der Richardstr. 45 (Barmbek); Tel. 29 99 560 oder beratung@barrierefrei-leben.de.Die IFB Hamburg berät zu Fragen der Finanzierung und Förderung unter Tel. 24846–476 oder via E-Mail: s.dietrich-palow@ifbhh.de.René Müller ist erreichbar unter Tel. 228 61 383 oder http://makler.bauwerkhamburg.de