Vieles spricht für ein Forwarddarlehen, wenn der Kredit der Baufinanzierung sich dem Ende seiner Laufzeit nähert. Kreditnehmer sollten aber um die Risiken wissen und Alternativen kennen.

Trotz leichter Erhöhungen um wenige Prozentpunkte in den letzten Wochen befinden sich die Baugeldzinsen in Deutschland nach wie vor auf historisch niedrigem Stand. Insofern drängt sich das Thema Forwarddarlehen beziehungsweise Anschlussdarlehen auf. Doch Dirk Scobel, Baufinanzierungs­experte der Verbraucherzentrale Hamburg, rät dazu, einen kühlen Kopf zu behalten und vor allem nicht voreilig zu handeln.

„Ein Forwarddarlehen ist immer eine Wette auf zukünftige Zinsen“, sagt der Experte. Auch werde bei diesem Thema gern mit der Angst von Kreditnehmern gespielt. „Dabei hat die Vergangenheit gezeigt: Forwarddarlehen haben sich nicht gerechnet, weil die Zinsen gefallen und nicht, wie von vielen behauptet, gestiegen sind.“ Auch stellten die Banken ihren Kunden meist Aufschläge in Rechnung, wenn sich diese vor Ablauf des eigentlichen Darlehens niedrige Zinskonditionen sichern wollen. „Wir nennen diese Aufschläge auch ,Zitterprämie’, weil sie davon abhängt, wie hoch das Refinanzierungsrisiko eingeschätzt wird. Und das sieht jede Bank anders“, sagt Scobel. Es könne also durchaus sein, dass man statt der angepeilten 1,5 Prozent auf 1,8 Prozent komme, wenn man für die Restsumme eines Darlehens einen neuen Kredit aufnimmt.

Doch exakt hier lauern Gefahren. Viele berücksichtigen bei neuen Darlehen zum Beispiel nicht, dass eine Heizungsanlage kaputtgehen kann – und setzen den weiteren Kapitalbedarf zu niedrig an. „Auch die Option einer Sondertilgung wird von vielen zu wenig berücksichtigt“, weiß Scobel. Er rät daher, sorgsam zu kalkulieren bei der Berechnung der weiteren Baufinanzierung.

Viele bedenken auch zu wenig, dass sie zwar laut Paragraf 489 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) nach zehn Jahren ein Sonderkündigungsrecht haben – sogar oft kostenfrei –, jedoch gilt eine sechsmonatige Kündigungsfrist. Zudem beginnt die Zehnjahresfrist erst einen Tag nachdem das Baudarlehen vollständig an den Darlehensnehmer ausgezahlt wurde (vollständiger Empfang des Darlehens; §187 Abs. 1 BGB). „Man sollte also unbedingt vorher schriftlich abklären, wann man aus dem Vertrag entlassen wird, um vor allem das Risiko zu vermeiden, doppelt Raten zu zahlen“, rät der Experte.

Die Nachfrage bei der Hamburger Sparkasse zeigt indessen: In den vergangenen Jahren wurden Forwarddarlehen eher selten genutzt. „Der Grund dafür waren die ständig sinkenden Zinsen“, sagt André Janke, Produktmanager für Immobilienfinanzierungen. Viele Anschlussfinanzierer hätten abgewartet, ob und wie weit es noch runtergehe. Doch langfristig müsse davon ausgegangen werden, dass die Bauzinsen wieder steigen. „Wir rechnen in den nächsten Monaten mit stärkeren Schwankungen um das gegenwärtige Niveau herum“, sagt Janke.

Er rät Darlehensnehmern, die eine überschaubare Restsumme finanzieren müssen, ein Volltilger-Darlehen in Betracht zu ziehen. Bei diesem Modell wird der Zeitraum bestimmt, nach dem man schuldenfrei sein will. Aus dieser Vorgabe ergibt sich dann der Tilgungsanteil. Verfahren wird also nach dem Motto: Je kürzer die Laufzeit, desto höher der nötige Tilgungsanteil — und umgekehrt. Scobel rät dazu, lieber hoch zu tilgen oder das Geld für Sondertilgungen anzusparen als beispielsweise einen Bausparvertrag abzuschließen. Ein Modell, auf das Banken gern hinweisen. Doch Scobel hält nichts von dieser Idee: „Erstens wird das Geld hier kaum verzinst, zweitens werden Abschlussgebühren in Rechnung gestellt.“

Wer also keinerlei Zinsanstiegsrisiko eingehen möchte und lange Kalkulationssicherheit über seine monatliche Kreditrate wünscht, für den lohnt sich das Nachdenken über ein Forwarddarlehen. Die Interhyp AG betont, dass man nicht frühzeitig genug damit anfangen könne. „Wir schreiben Kunden bis zu drei Jahre vor Ablauf ihrer Zinsbindungsfrist an, um sie auf die Möglichkeit einer preiswerten Anschlussfinanzierung hinzuweisen“, sagt Heidi Müller, Sprecherin der Interhyp AG. Das Unternehmen zählt mit 400 Bankpartnern zu den größten Vermittlern privater Baufinanzierungen hierzulande. Bis zu fünfeinhalb Jahre im Voraus könne man sich beste Zinskonditionen sichern“, ergänzt Vorstandschef Michiel Goris. Wo Absicherungen nur für einen Zeitraum von sechs bis 15 Monaten gewünscht werden, verzichteten Banken mittlerweile oft komplett auf Forward-Aufschläge.

Wer bei einem Vergleich der Konditionen feststellt, dass ein Wechsel zu einer anderen Bank sinnvoll ist, sollte dennoch die Möglichkeit der Nachverhandlung mit dem bisherigen Kreditgeber nicht ungenutzt lassen. „Möglicherweise zieht dieser nach, denn Banken wissen einen solventen Kunden zu schätzen“, sagt Müller. Kommt es trotzdem zu einer Kündigung des Kreditvertrages, sollte man zu diesem Zeitpunkt bereits wissen, wer der neue Vertragspartner ist. „Denn die Restschuld muss binnen 30 Tage beglichen werden“, erläutert die Finanzexpertin. Erfahrungsgemäß vollziehe sich der Wechsel zur anderen Bank unproblematisch. „Alles wichtige ist ja bereits zu Beginn einer Immobilienfinanzierung geprüft, und Berater der neuen Bank stehen meist beratend zur Seite.“

Die Verbraucherzentrale bietet ein Seminar „Anschlussfinanzierung richtig planen“ am 10. Juni von 18.30 bis 21 Uhr an. Die Teilnahme kostet 35 Euro. Anmeldungen erforderlich unter www.vzhh.de oder Tel. 248 32-108.