Wir werden in Städten leben, allein oder zu zweit, in großen Räumen und umgeben von Technik - so jedenfalls sehen Forscher unsere Zukunft. “Schon...
Wir werden in Städten leben, allein oder zu zweit, in großen Räumen und umgeben von Technik - so jedenfalls sehen Forscher unsere Zukunft. "Schon heute hat sich der Anspruch an Wohnfläche pro Person seit den Sechzigerjahren mehr als verdoppelt, von etwa 20 auf 40 Quadratmeter", sagt Horst Opaschowski, wissenschaftlicher Leiter der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen. Bis 2050 würden Bundesbürger mindestens 55 Quadratmeter für sich beanspruchen: "Die "Haushalte werden kleiner, die Wohnflächen größer." Gleichzeitig setze sich der Trend zu Ein- und Zwei-Personen-Haushalten fort, bis 2020 steige der Anteil mit mehr als 75 Prozent auf über eine Million, so der Freizeitforscher.
Die Studie "Wohntrends 2020" des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) kommt zu dem Schluss, dass die Nachfrage an Wohnungen für Senioren und Singles steigen wird, die Haushalte aber anspruchsvoller werden: "Der energetische Standard wird steigen. Wichtige Nachfragekriterien werden ein separater Arbeitsplatz, Barrierefreiheit und Sicherheit in den Wohnungen sein", sagt Volker Eich, Geschäftsführender Wissenschaftlicher Direktor des Forschungs- und Wissenschaftsinstituts (InWis), welches die Studie durchgeführt hat. "Der Innenstandort wird an Bedeutung gewinnen, auch wird die Wohnung verstärkt zum Pflege- und Gesundheitsstandort", sagt Eich. Den Wunsch nach einem Wohnort der kurzen Wege und Wartezeiten sieht Freizeitforscher Opaschowski als den künftig stärksten: "Der kinderlose Städter verkauft sein Einfamilienhaus und zieht als Mieter in ein Haus mit Balkon oder Dachterrasse", sagt der 68-Jährige. "Er möchte wohnortnah arbeiten, in zentraler Lage leben und preisgünstig wohnen." Diesen Wohnraum zu schaffen werde die Herausforderung an die Städte sein. Schon heute zeichneten sich Wohnungsdefizite von etwa 85 000 in den Zentren wie Hamburg, Frankfurt und München ab, so die Studie des InWIS. "Etwa 30 Prozent der bestehenden Wohnräume sind jedoch nicht sanierungsfähig, weil sie den heutigen Standards nicht mehr entsprechen", sagt Eich. Insgesamt gehe er in den kommenden 20 Jahren von einem Bedarf von rund 400 000 Wohnungen aus, die neu gebaut werden müssten. Auf der anderen Seite zeichnet sich nach Opaschowskis Beobachtungen ein Leerstand auf dem Land ab. Sinkende Geburtenraten würden die Immobilienpreise fallen lassen: "Mehr Eigentümer wollen dann ihr Haus verkaufen - vor lauter Angst, dass die Preise noch weiter fallen."
Angst und Verunsicherung vor den Veränderungen der Zukunft sieht auch Peter Wippermann in der 3. Stilwerk Trendstudie. Der 60-jährige Gründer und Gesellschafter des Trendbüros, Beratungsunternehmen für gesellschaftlichen Wandel, spricht von sich ständig verändernden Lebensstrukturen und einem immer unübersichtlicher werdenden Lebensumfeld. "Drei Viertel der Deutschen machen sich Sorgen um ihre Lebenshaltungskosten, und über die Hälfte der Deutschen fürchten die schlechte Wirtschaftslage", sagt Wippermann. "Die Lage wird ernst. Es gilt, sich emotional zu schützen und sich ein Nest zu bauen."
Der Forscher ermittelte vier Stilwelten, die "enger denn je an persönliche Sinnsuche gekoppelt sind". Der Trend "Archaic Nature" etwa spiegle die Suche nach Wahrhaftigkeit und zeige sich in Möbeln, die aus massivem Material gefertigt seien. Zudem seien die Menschen auf der Suche nach sauberer und ästhetischer Unterhaltungselektronik - allein das Computerspiel für Sport und Fitness "Wii Fit" hätte sich bisher in Deutschland 44 Millionen Mal verkauft. Weiterhin bestehe der Wunsch nach Individualität: "Wer besondere, ausgefallene Möbel besitzt, zeigt Geschmack und Charakter", sagt Wippermann. Der vierte Trend schließlich zeige durch neue, hybride Strukturen und Formen in Designmöbeln wie in der Architektur, wie die Instabilität unseres Lebens Form annehme. "Veränderliche Lebensstrukturen, bedingt durch unstete Familien- und Arbeitsverhältnisse, führen zu einem neuen Selbstverständnis", so der Trendforscher. Freizeitforscher Opaschowski zieht daraus auch Schlüsse über das Wohnverhalten der Zukunft: "Es breitet sich eine mobile Gruppe aus, die Miete statt Eigentum wählt und in den USA bereits ein Drittel aller Haushalte ausmacht. Mieter können sich mehr leisten als Eigentümer und flexibler auf Veränderungen im Leben reagieren", sagt Opaschowski. "Das Wohnhaus wird zum Lebensabschnittshaus."