Drehbewegungen beim Skilaufen können einen Kreuzbandriss zur Folge haben.Ein Sportorthopäde erklärt die Therapie.
Temperaturen unter null, verschneite Pisten und strahlender Sonnenschein: Solche Aussichten locken viele Menschen gerade jetzt wieder in die Berge - und auf die Skier. Doch das winterliche Sportvergnügen auf den Pisten endet nicht selten im Krankenbett einer Unfallklinik. Nach einer Statistik des "Instituts Sicher leben" verunglücken in Österreich jährlich 60 000 Skifahrer.
Zu den häufigsten Verletzungen zählen Bänderrisse im Kniegelenk, insbesondere der Riss des vorderen Kreuzbands. Er entsteht vor allem durch starke Drehbewegungen. Durch hohe Geschwindigkeit und die Hebelwirkung des Skis werden die Kräfte, die auf das Bein einwirken, noch um ein Vielfaches verstärkt. "Diese Gefahr soll eigentlich dadurch reduziert werden, dass die Skibindung sich rechtzeitig löst. Geschieht das nicht, werden Drehbewegungen bei feststehendem Fuß im Skischuh auf das nächste Gelenk übertragen. Das ist das Knie, und dort reißen zuerst die Bänder", erklärt Dr. Oliver Dierk, leitender Arzt der Sportorthopädie im Albertinen-Krankenhaus, der als Facharzt auch im Orthopädiezentrum Hamburg arbeitet.
Die häufigste Bandverletzung im Knie ist der Riss des vorderen Kreuzbands. Dabei spürt der Betroffene einen starken Schmerz, durch Blutungen im Gelenk wird das Knie dick, jede Bewegung schmerzt. Dann bleibt nur noch der Ruf nach der Bergrettung und der Transport in die nächste Unfallklinik. "Die Schilderung des Unfallhergangs gibt oft schon erste Hinweise auf die Art der Verletzung. Und die Diagnose eines Kreuzbandrisses können die Ärzte in der Regel schon nach der körperlichen Untersuchung stellen. Dann wird zusätzlich noch ein Röntgenbild angefertigt, um Knochenverletzungen auszuschließen, und ein Kernspin, um das genaue Ausmaß der Schäden im Knie festzustellen", sagt der Sportorthopäde.
Handelt es sich um einen vorderen Kreuzbandriss, muss das Band wieder so hergestellt werden, dass es seine Funktion voll erfüllen kann. Dabei haben neue Erkenntnisse über den anatomischen Aufbau zu neuen Operationstechniken geführt. "Früher ist man davon ausgegangen, dass das vordere Kreuzband nur aus einem Bündel von Fasern besteht, das vor allem für die Stabilität des Knies nach vorn und nach hinten verantwortlich ist. Heute weiß man, dass es aus zwei sich kreuzenden Anteilen besteht, einer sorgt für die Stabilität nach vorn und hinten, der andere für die Stabilität bei Rotationsbewegungen", erklärt Dierk. Deswegen wird heute der Kreuzbandersatz so im Knie platziert, dass er Stabilität in beiden Ebenen gewährt.
Für den Ersatz gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder man entnimmt einen Teil der Kniescheibensehne. "Diese Technik hat den Vorteil, dass zusammen mit der Sehne an beiden Enden zwei Knochenblöcke entnommen werden, mit denen dann das neue Kreuzband sehr stabil verankert werden kann", sagt Dierk. Der Nachteil: Die Entnahme an der Kniescheibe führt bei bis zu zehn Prozent der Patienten zu einem vorderen Knieschmerz.
Oder man entnimmt - als Alternative - zwei Sehnen von der Innenseite des Oberschenkels und rekonstruiert daraus das neue Kreuzband. "Diese zwei Sehnen werden zusammengelegt und über eine bestimmte Technik mit resorbierbaren Materialien im Knie befestigt. Diese Methode ist schneller, die Behandlungsergebnisse sind mindestens genauso gut wie bei der Kniescheibensehne und es gibt nicht das Risiko von bleibenden Kniescheibenbeschwerden", sagt Dierk.
Jetzt sind die Orthopäden dabei, diese Techniken weiter zu verfeinern. "Die neueste Methode besteht darin, die beiden Sehnen als jeweils einzelne Bündel versetzt in den Knochen einzusetzen. So lässt sich die Rotationsstabilität noch besser gewährleisten", so Dierk. Damit behandelt der Orthopäde, der auch Mannschaftsarzt beim HSV ist, im Albertinen-Krankenhaus vor allem junge Patienten mit hohem Leistungsanspruch, die Sportarten betreiben, die mit abrupten Drehbewegungen der Beine verbunden sind, wie z. B. Fußball, Handball, Squash.
Die Operation dauert - je nach Methode - 40 bis 50 Minuten. Die Patienten bleiben ein bis zwei Tage in der Klinik und beginnen am Tag nach dem Eingriff mit der Rehabilitation. Die ersten 14 Tage dürfen sie das operierte Bein nicht belasten und müssen Gehstützen benutzen. Für sechs Wochen wird das Knie mit einer Schiene versorgt, die Streckbewegungen und Beugebewegungen bis 90 Grad ermöglicht. Im Normalfall ist nach sechs Monaten die Wiederaufnahme des Sportes möglich. "Das hängt auch von dem Fleiß in der Reha ab, das heißt intensive Kraft- und Stabilitätsübungen, und Koordinationstraining", betont Dierk.