Hamburg. Der November bietet uns nachts sagenhafte Aufführungen – und für Frühaufsteher gibt es eine Zugabe: die Show der Raumstation ISS.

Die Zeit der langen Nächte ist da. Bereits ab 17 Uhr senkt sich die Dunkelheit über uns, und die Sterne beginnen zu leuchten. Helle Planeten suchen wir abends jedoch vergeblich – auch Saturn ist nun zu nah an die Sichtlinien zur Sonne gerückt und verschwindet am Südwesthorizont in der Abenddämmerung. Immerhin schmückt zu Monatsbeginn der Mond als helles Licht im Sternbild Walfisch den Abendhimmel. Am 4. November erhellt er als Vollmond schließlich die ganze Nacht.

Die letzten Sterne des Sommers sinken abends Richtung Westen, und die Herbststerne regieren den Nachthimmel. Das Sommerdreieck strebt dem Horizont entgegen. Atair, südlichster Stern dieses Sternendreiecks, steht kurz vor seinem Untergang, knapp über dem Westpunkt, während hoch über uns das Himmels-W – Königin Kassiopeia – thront. Die Milchstraße verknüpft diese Regionen: Vom Sommerdreieck im Westen steigt ihr Lichtband hinauf zum Himmels-W.

Sternenhimmel: Hier kommen Sie zum Podcast

Zwischen Himmels-W und Sommerdreieck finden wir noch eine lichtschwächere Sternenfigur, die wie ein Haus mit einem spitzen Dach erscheint: Es sind die hellsten Sterne des Kepheus. Kassiopeia und Kepheus sind bei uns zirkumpolar, das heißt, dem Polarstern so nahe gelegen, dass sie im Laufe einer Erdrotation nicht unter den Nordhorizont sinken. Sie sind deshalb das ganze Jahr über zu sehen, laufen aber im Spätherbst abends zu Höchstform auf.

Charakteristisch für den Herbst ist auch der abendliche Tiefstand des Großen Wagens. Die sieben Wagensterne stehen unter dem Polarstern im Norden. Manches Mal sehen wir sie gar nicht, wenn sie von Häusern oder Bäumen verdeckt werden. Doch am späteren Abend beginnt der Aufstieg des Großen Wagens. Mit den Kastensternen voran – oder besser gesagt: mit dem Kopf voraus – steigt der Große Bär, zu dem der Große Wagen gehört, im Nordosten höher. Am Ende der Nacht steht er dann hoch über unseren Köpfen, während Kassiopeia und Kepheus tief stehen.

Ungeheuer naht – doch dann kommt ein Retter

Es ist ein fantasievolles, jahrtausende­altes „Fern-seh-Programm“ aus dem antiken Griechenland, das wir geboten bekommen: Der Sage nach waren Kepheus und Kassiopeia ein Königspaar. Und Kassiopeia war so eitel, dass sie damit den Zorn des Meeresgottes Poseidon herausforderte, der daraufhin das Meeresungeheuer Ketos aussandte, das die Küsten bedrohte. Um es zu besänftigen, musste Kassiopeia ihre Tochter Andromeda opfern. An die Felsküste angekettet, liegt nun Prinzessin Andromeda mit weit ausgebreiteten Armen, in Erwartung eines schrecklichen Todes.

Gleich südlich ihrer Mutter Kassiopeia finden wir sie so am Himmel: Genau zwischen dem Himmels-W und dem auffälligen, halbhoch im Süden stehenden Herbstviereck des Pegasus. Tatsächlich stellt der linke obere, also der nordöstliche Stern des Herbstvierecks Alpha Andromeda, ihren Kopf dar, von dem mehrere Sternenketten ausgehen, die den Körper und die Arme der Prinzessin markieren.

Südlich der Sternenketten der An­dromeda beginnt bereits eine Art himmlischer Ozean, in dem sich allerlei Bewohner tummeln: Wir können die recht lichtschwachen Sterne kaum erkennen, die das Tierkreissternbild Fische und noch südlicher, tiefer am Horizont, das herannahende Meeresungeheuer Ketos, das heutige Sternbild Walfisch, markieren. Die Sterne des Perseus, des Helden, der das Meeresungeheuer besiegt, finden wir östlich von Andromeda und Himmels-W in der Milchstraße als astgabelförmige Sternfigur.

In dieser Sternensage von Perseus und Andromeda erfahren wir viel über die Leidenschaften und Sehnsüchte, die Träume und Albträume unserer Vorfahren. Doch nur mit den Augen der modernen Astronomie erfahren wir etwas über die Sterne selbst und erleben dabei ein noch verblüffenderes Programm: Denn jeder Stern, der am Himmel funkelt, erweist sich dabei als Sonne, als riesige, glühend heiße Gaskugel.

Sternenpracht rund um Orion

Während das Licht der Sonne achteindrittel Minuten zu uns unterwegs ist, benötigt das Licht der Sterne Jahre oder sogar Jahrhunderte zu uns. Dennoch sind wir mit ihnen verbunden durch den Faden der Geschichte, denn unsere Welt entstand aus den Überresten von Sternen, die es vor unserer Sonne gab. Hoch im Osten funkelt die helle Capella im Fuhrmann, neben dem Perseus. Etwas tiefer stehen der rötliche Hauptstern Aldebaran im Stier, die Zwillingssterne Castor und Pollux und das Prunkstück des Winters, der wie ein Schmetterling wirkende Orion.

Nach 22 Uhr funkelt auch schon Sirius, der hellste Stern des ganzen Himmels über dem Südosthorizont. In den Stunden bis nach Mitternacht steigt diese winterliche Sternenpracht rund um Orion immer höher Richtung Süden und mit ihnen die beiden schon mit bloßem Auge sichtbaren Sternhaufen der Plejaden und Hyaden im Sternbild Stier. Am Osthorizont taucht ab etwa 4 Uhr morgens der Rote Planet Mars auf. Viel heller leuchtet Venus, die ihre Abschiedsvorstellung als Morgenstern bietet. Sie taucht erst rund eine Stunde vor Sonnenaufgang am Osthorizont auf.

Gipfeltreffen der beiden hellsten Planeten

Am 13. November kommt es zu einem Gipfeltreffen der beiden hellsten Planeten Venus und Jupiter. Leider ist dies bei uns nur horizontnah in der hellen Morgendämmerung zu sehen. Das Dreigestirn aus Mars, Venus und Jupiter wird ergänzt durch die Mondsichel. Vom 15. bis zum 17. November wandert sie von Mars über Jupiter zu Venus – das sind Morgenstunden für Genießer!

Bis zum 11. November bekommen Frühaufsteher noch eine Zugabe. Die Internationale Raumstation ISS zieht vor Beginn der Morgendämmerung als Lichtpunkt innerhalb von fünf Minuten von West nach Ost über den Himmel. Alle 92 Minuten umrundet sie in rund 400 Kilometern Höhe die Erde. Sofern ihre Bahn sie über Mitteleuropa führt, ist sie mit bloßen Auge gut zu sehen, allerdings nur, wenn dies nahe der Abend- oder Morgendämmerung geschieht. Sie glänzt dann im Sonnenlicht vor einem dunklen Himmelshintergrund. Die beste „ISS-Show“ findet am 8. November von 6.05 Uhr bis 6.10 Uhr statt. Dabei steigt sie höher als der Mond, erreicht bei uns rund 60 Grad Höhe und leuchtet so hell wie Venus, die am Osthorizont gerade aufgeht. Genaue Zeiten finden Sie auf der Website www.planetarium-hamburg.de.

Planeten.jpg
© Katja Frauenkron/Planetarium Hamburg