Neues Informationsgesetz schreibt Kennzeichnung vor. Verbraucher können nachlesen, ob ein Produkt den umstrittenen Rohstoff enthält. Wo findet man die neuen Informationen auf der Packung?
Hamburg. Im Prinzip ist sie die ideale Ölfrucht: Ölpalmen liefern die höchsten Erträge je Hektar und das preiswerteste Pflanzenöl, haben passable Inhaltsstoffe und die Eigenschaft, bei Raumtemperatur fest zu sein. Das macht sie für die Lebensmittelindustrie unentbehrlich. Doch die Pflanze hat einen gravierenden Nachteil. Sie gedeiht nur in den feuchten Tropen, also genau dort, wo von Natur aus Regenwälder wachsen. Die Tatsache, dass großeWälder riesigen Palmenplantagen weichen mussten und müssen, hat Palmöl in Verruf gebracht – sei es als Zusatz im Biodiesel oder in Lebensmitteln. Supermarktkunden können jetzt Lebensmittel mit Palmöl erkennen.
„Pflanzliche Öle“ reicht als Angabe nicht mehr aus
Bislang versteckte es sich hinter der Inhaltsangabe „pflanzliche Öle“. Vom 13. Dezember an reicht dies nicht mehr aus, es müssen die Pflanzenarten genannt sein. Auf einer Margarine-Verpackung steht nun zum Beispiel: „Pflanzliche Öle (Raps, Palm, Sonnenblume)“. Die Reihenfolge muss den abnehmenden Mengenanteilen der einzelnen Ölen entsprechen (Ausnahme: Wenn der Zusatz „in veränderlichen Gewichtsanteilen“ dabei steht, ist die Reihenfolge unverbindlich). Die klarere Kennzeichnung verlangt die Lebensmittelinformations-Verordnung der EU, die am 13. Dezember in Kraft tritt. Zwar dürfen Produkte, die bereits in den Regalen liegen, auch nach diesem Stichtag mit der alten Beschriftung verkauft werden. Viele tragen aber auch schon jetzt die neue Deklaration.
Industriell angebautes Palmöl zerstört letzte Lebensräume der Orang-Utans, vertreibt Ureinwohner und Kleinbauern, trägt durch die Waldrodungen zur Erderwärmung bei – solche Aussagen schrecken seit einigen Jahren Verbraucher auf. In den beiden führenden Anbau- und Exportländern Indonesien und Malaysia fallen große Waldareale der Ölfrucht zum Opfer.
In den vergangenen Jahren bezog sich die Kritik meist auf den Palmöl-Einsatz im Biodiesel und in Blockheizkraftwerken, forciert durch EU-Klimaschutzvorgaben. Seit 2011 soll eine Vorschrift mit dem geschmeidigen Namen Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung zumindest dafür sorgen, dass kein Palmöl in die Tanks kommt, für dessen Anbau in jüngster Zeit (nach 2007) Regenwälder abgeholzt wurden.
Weltweit boomt der Palmölkonsum. In Deutschland ist der Verbrauch nach Angaben des Branchendienstes Ölwelt seit 2010 jedoch rückläufig. „Damals lag er bei 1,25 Millionen Tonnen, im Jahr 2013 waren es 1,12 Millionen Tonnen“, sagt Thomas Mielke von Ölwelt, dem Fachdienst für Pflanzenöle. Rund 500.000 Tonnen flossen in den Energiesektor, davon etwa ein Drittel in Tanks von Dieselfahrzeugen und zwei Drittel in Blockheizkraftwerke, die sowohl Strom als auch Wärme erzeugen. Der Lebensmittelbereich verbrauchte 380.000 Tonnen Palmöl. Weitere 240.000 Tonnen wurden in der Wasch- und Reinigungsmittelproduktion, als Schmiermittel, in Mischfutter und weiteren Anwendungen eingesetzt.
Einer der weltweit wichtigsten Einzelverbraucher von Palmöl ist Unilever. Das Unternehmen kann nach eigenen Angaben bei vielen Produkten auf den Einsatz des Öls nicht verzichten, denn Palmöl hat spezielle Eigenschaften, die viele andere Öle nicht haben. So ist es bei Raumtemperatur fest und nicht flüssig. Das macht zum Beispiel Margarine fest. Und es sorgt dafür, dass Palmöl – anders als andere Öle oder Fette – auch in Tütensuppen und -soßen eingesetzt werden kann. „Neben technischen Argumenten gibt es auch ein ökologisches“, sagt Unilever-Sprecher Konstantin Bark: „Bei jedem anderen Öl würde sich der Flächenbedarf des Anbaus deutlich erhöhen.“
Das bestehende Zertifizierungssystem stand bereits mehrfach in der Kritik
Das Unternehmen mit Deutschlandsitz in Hamburg setzt auf Quellen, die nicht in Verbindung mit Regenwaldzerstörung stehen. Es ist Mitgründer des RSPO (Roundtable on sustainable Palm Oil), des Runden Tisches für nachhaltiges Palmöl. Die Organisation bringt Anbauer, Händler und Verbraucher von Palmöl sowie Umwelt- und Entwicklungsorganisationen (WWF, Oxfam) zusammen. Das Ziel: Mit Hilfe eines Zertifizierungssystems der Umweltzerstörung durch sich ausbreitende Plantagen entgegenwirken.
RSPO stand seit seiner Gründung im Jahr 2004 mehrfach in der Kritik, weil einige Mitglieder für den nicht zertifizierten Anteil ihres Öls weiter Waldrodungen zuließen. Das Kennzeichen sei „kein Öko-Label, sondern eine Mindestanforderung“, betont auch der WWF. Der RSPO signalisiere lediglich, „dass auf den Plantagen freiwillig mehr für Naturschutz und Menschenrechte gemacht wird, als gesetzlich vorgeschrieben“.
Unilever reiche das nicht aus, versichert Konstantin Bark. Das Unternehmen baue derzeit ein System auf, mit dem sich für jedes Produkt der Ursprung des verwendeten Palmöls bis zur Plantage zurückverfolgen lassen soll. Bark: „Bereits 1844 Ölmühlen sind in dem System integriert, das sind schätzungsweise 70 Prozent aller Mühlen weltweit.“ Mit Hilfe von Satellitendaten lasse sich das Umfeld der Mühlen beobachten und damit sicherstellen, dass es zu keinen weiteren Rodungen kommt, so Bark.
Für die Verbraucher habe Palmöl gesundheitliche Vorteile, sagt der Firmensprecher: „Durch seine hohe Festigkeit ersetzt es künstlich gehärtete Fette, bei denen sich beim Erhitzen gesundheitsschädliche Transfettsäuren bilden.“ Diesen Vorteil sieht auch Armin Valet, Ernährungsberater bei der Verbraucherzentrale Hamburg, benennt aber auch einen Nachteil: den relativ hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren im Palmkernöl, das (wie der Name schon sagt) aus den Kernen der Ölfrucht gewonnen wird. Allerdings sei der Anteil dieser Fettsäuren bei anderen Fetten mit ähnlichen Eigenschaften – etwa Butter oder Kokosfett – eher noch höher, so Valet.
„Die optimale Zusammensetzung lautet: ein Drittel mehrfach ungesättigte Fettsäuren, ein Drittel ungesättigte Fettsäuren und ein Drittel gesättigte Fettsäuren“, sagt der Ernährungsberater Valet. Zumindest der Anteil der (ungünstigen) gesättigten Fettsäuren muss auf den Verpackungen genannt sein. Die Unterscheidung der restlichen Fette in ungesättigte und in die besonders wertvollen mehrfach ungesättigten Fettsäuren ist dagegen den Herstellern freigestellt.
Was das Palmöl angeht, haben die Verbraucher bei den Lebensmitteln jetzt die Wahl. Anders beim Dieselkraftstoff: Ihm können die Autofahrer nicht ansehen, ob und in welchem Ausmaß er verarbeitetes Palmöl enthält.