Regelmäßige Arztkontakte sollen auch Misshandlungen aufspüren. Deshalb erhalten Eltern in Hamburg seit dem 1. Juli von der Hamburger Gesundheitsbehörde Einladungen zu Vorsorgeuntersuchungen.
Hamburg. Zu zwei Vorsorgeuntersuchungen, der U6 nach dem ersten und der U7 nach dem zweiten Lebensjahr, erhalten Eltern in Hamburg seit dem 1. Juli dieses Jahres Einladungen. Hintergrund sind die Todesfälle von Kindern nach Vernachlässigung und Misshandlung wie der Fall der sieben Jahre alten Jessica aus Jenfeld oder aktuell der dreijährigen Yagmur aus Billstedt, die an den Folgen von Misshandlungen starben.
Dr. Stefan Renz, Kinderarzt in Hamburg und Vorsitzender des Hamburger Landesverbandes der Kinder- und Jugendärzte, hält diese beiden Einladungen nicht für ausreichend. Er spricht sich dafür aus, sie bis zur U9 bei den Fünfjährigen an die Eltern zu verschicken. „Es gibt keine Belege dafür, dass man durch Vorsorgeuntersuchungen eine schwere Kindesmisshandlung mit Todesfolge verhindern kann. Aber wenn der Kinderarzt durch den regelmäßigen Kontakt zu der Familie und dem Kind eine Beziehung aufbaut, dann merkt er eher, wenn es dort Probleme gibt“, sagt Renz. „Die Eltern warten auch bei der U7a auf eine Einladung. Da sie nicht kommt, werden die Teilnahmeraten (derzeit unter 75 Prozent) noch weiter absinken. So verpassen jedes Jahr mehr als 5000 Kinder die U7a.“ Aber mit ihrer Einschätzung konnten sich die Kinderärzte nicht gegen die Stadt durchsetzen, sodass die Einladungen jetzt auf die U6 und U7 beschränkt sind.
Die Schreiben verschickt die Hamburger Gesundheitsbehörde. Die Eltern erhalten eine Art Doppelkarte, die in der Kinderarztpraxis abgestempelt und an eine Sammelstelle in Neumünster geschickt wird. Eltern, die diesen behördlichen Einladungen nicht Folge leisten, müssen mit Konsequenzen rechnen. „Sie werden dann noch ein zweites Mal aufgefordert. Wenn sie dieser Einladung auch nicht nachkommen, erhalten sie in der Regel einen Hausbesuch vom Jugendamt“, sagt der Kinderarzt.