Tränende Augen, Niesattackenund Atemnot: Immer mehr Menschen leiden an Heuschnupfen. Der Blütenstaub, der früher und in größeren Mengen fliegt, macht Allergikern das Leben schwer.
Hamburg/Berlin Birken, Gräser oder Beifuß: Die Natur hält viele Pollen bereit, die Heuschnupfengeplagten zu schaffen machen. Jeder Vierte in Deutschland leidet mittlerweile an Heuschnupfen. Die hohe Zahl der Erkrankungen führen Experten zum einen auf die gesteigerte Hygiene zurück. Andererseits wird auch der aufgrund des Klimawandels früher einsetzende und stärkere Pollenflug dafür verantwortlich gemacht. Die von der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst erhobenen Daten zeigen, dass vor allem die Pollen von Haselnuss, Erle und Birke früher und in größeren Mengen fliegen, wobei es von Jahr zu Jahr große Schwankungen gibt.
Derzeit sind es vor allem Erlen- und vereinzelt noch Haselnusspollen, mit denen Allergiker zu kämpfen haben. Letztere seien schon seit Dezember unterwegs, erläuterte die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst am Mittwoch auf ihrer Jahrespressekonferenz in Berlin.
Nach Angaben von Stiftungsvorstand Prof. Karl-Christian Bergmann wird die Zahl der Erlenpollen 2014 ähnlich hoch sein wie im vorigen Jahr. Die Belastung mit Birkenpollen werde dagegen höher ausfallen als 2013.
Sobald sie die ersten Beschwerden bemerken, nehmen Betroffene am besten sofort ihre antiallergischen Medikamente, rät Dirk Heinrich, Präsident des Deutschen Berufsverbandes der HNO-Ärzte. Wer noch Arzneimittel aus dem vergangenen Jahr hat, sollte darauf achten, dass diese noch nicht abgelaufen sind, ergänzt der Deutsche Allergie- und Asthmabund (DAAB) in Mönchengladbach.
Eine allergische Reaktion äußert sich folgendermaßen: Erreicht der Blütenstaub die Augen- und Nasenschleimhäute, bildet der Körper gegen die vermeintlichen „Feinde“ Antikörper und schüttet unter anderem den Botenstoff Histamin aus. Die Folgen sind tränende und juckende Augen, Fließschnupfen, Niesattacken und Atemnot.
Die Allergie kann auch zu Magen-Darm-Störungen, Müdigkeit sowie Konzentrationsstörungen führen. In schweren Fällen droht ein allergischer Schock. Wer die Allergie nicht behandeln lässt, läuft Gefahr, dass weitere Symptome hinzukommen. Denn ohne ausreichende Therapie erkranken laut dem Ärzteverband Deutscher Allergologen bis zu 40 Prozent der Heuschnupfenpatienten an Asthma.
Wer wegen triefender Nase und geröteten, juckenden Augen bisher nur den Verdacht hat, an einer Pollenallergie zu leiden, geht am besten umgehend zu einem HNO-Arzt. Dieser könne anhand der Schleimhäute in der Nase abschätzen, ob es tatsächlich Heuschnupfen ist, erklärt Heinrich. Endgültige Klärung, welche Pollen für die Allergie relevant sind, liefere der sogenannte Pricktest und ein Beschwerdekalender, den der Patient möglichst genau führen sollte.
Um sich vor der allergenen Belastung zu schützen, sollten Betroffene ihre Wohnräume so frei von Pollen wie möglich halten, empfiehlt der DAAB. Vor dem Fenster sollten idealerweise Pollenschutzgitter angebracht werden. Außerdem sollten die Lüftungszeiten dem Wohnort angepasst sein. In ländlichen Gebieten sind am Morgen am meisten Pollen in der Luft, in der Stadt dagegen am Abend. Daher sollte auf dem Land eher abends und in der Stadt lieber in der früh am Morgen gelüftet werden.
Vor dem Schlafengehen ist es sinnvoll, die Haare zu waschen, damit Pollen nicht ins Kissen und dann in Nase, Augen und Bronchien gelangen, fügt der in Hamburg niedergelassene Arzt Heinrich hinzu. Auch die Straßenkleidung sollten Betroffene aus diesem Grund nicht erst im Schlafzimmer ausziehen. Der DAAB rät Heuschnupfengeplagten darüber hinaus, regelmäßig die Nase zu spülen, damit sich die Allergene dort nicht festsetzen.
Für viele Heuschnupfenpatienten lohnt es sich Heinrich zufolge auch jetzt noch, mit einer spezifischen Immuntherapie zu beginnen. Wer auf Mittel- und Spätblüher wie Gräser, Beifuß oder Ambrosia allergisch sei, kann daher jetzt noch mit einer sogenannten Hyposensibilisierung beginnen. Normalerweise sollte diese über einen Zeitraum von drei bis vier Jahren laufen, damit sie effektiv ist. „Im ersten Jahr hat man noch nicht den vollen Erfolg, aber eine Reduzierung der Beschwerden um 30 bis 40 Prozent“, erklärt Heinrich.
Eine aktuelle Studie mit 228 Teilnehmern belegt, dass auch eine Kurzzeittherapie mit vier Injektionen innerhalb von 21 Tagen gut hilft. Die Probanden waren für die Untersuchung per Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt worden, eine der Gruppen erhielt ein Placebo. Diejenigen, die den Wirkstoff bekamen, hatten deutlich weniger Beschwerden wie Augenjucken oder eine laufende Nase.
Mediziner raten Pollenallergikern aber nicht nur zur Hyposensibilisierung, um die akuten Heuschnupfenbeschwerden zu lindern. Sie halten diese Behandlung auch für sinnvoll, um einen sogenannten Etagenwechsel zu verhindern, das heißt die Entwicklung eines allergischen Asthmas in den unteren Atemwegen.