Gemeinsam mit ARD-Wettermoderator Sven Plöger hat Frank Böttcher ein Buch über Hitzerekorde, CO2-Werte, Eisbedeckung und Stürme geschrieben.
Hamburg Auch in Hamburg schlägt das Wetter häufig Kapriolen. Da gibt es Hitzerekorde und Sturzfluten im Sommer, Herbststürme und Tornados im Frühjahr und einen bitterkalten, langen Winter wie 2012/2013. Außerdem rechnen die Biologen in der nächsten Zeit mit der weiteren Verbreitung der nicht heimischen Zickzack-Blattwespe, die vor wenigen Monaten in Berlin und Brandenburg beobachtet wurde. Das aus Ostasien stammende Insekt verspeist bevorzugt Ulmenblätter und kann ganze Bäume kahl fressen. Gehören diese Wetterereignisse und die gefräßige Wespe zu den neuen Boten des Klimawandels?
„Die einen sagen so, die anderen so“, meinen gleich zwei Experten in ihrem Buch „Klimafakten“, das an diesem Dienstag auf den Markt kommt. Die Autoren sind der ARD-Wettermoderator Sven Plöger und Frank Böttcher, Chef des Hamburger Instituts für Wetter- und Klimakommunikation, der bei Hamburg 1 die Wettersendung moderiert. Gleich am Anfang ihrer Publikation stellen sie die ambivalente Frage: Gibt es den Klimawandel wirklich? Während die einen behaupten, die Veränderungen würden von der Natur verursacht, sagen die anderen: Der Mensch trage die Hauptschuld. Auf solche Alternativen wollen sich die beiden Wetter-Moderatoren allerdings nicht einlassen. Sie legten, so sagen sie, einfach nur Fakten auf den Tisch. „Die Klimaberichte“, sagte Frank Böttcher dem Abendblatt, „sind politisch häufig eingefärbt. Wir haben dagegen die Daten zusammengetragen und bieten Orientierung im Stimmenwirrwarr.“
Tatsächlich deuteten alle globalen Werte darauf hin, dass es derzeit erhebliche Klimaveränderungen gibt, die vom Menschen gemacht werden. Zwar stagniert die globale Erwärmung seit zehn Jahren. „Betrachtet man jedoch die gesamte Entwicklung seit Beginn der Industrialisierung und einschließlich der letzten zehn Jahre, dann geht der Trend der Temperatur nach wie vor nach oben“, fassen die Autoren das Ergebnis ihrer Arbeit zusammen.
Beispiel Hitzerekorde. Ihre Zahl, sagt Frank Böttcher, hat sich in den vergangenen 15 Jahren in Deutschland verdoppelt – im Vergleich zu den 15 Jahren davor. Unterdessen sind die Jahreszeiten in der Hansestadt in den vergangenen 30 Jahren immer wärmer geworden. Im Vergleich zum Zeitraum 1961-90 waren die Sommer im Zeitraum von 1983 bis jetzt im Mittel um 1,2 Grad Celsius wärmer. Die Winter fallen 1,1 Grad wärmer aus als früher. Und im Frühling und Herbst gibt es inzwischen ein Plus von 0,9 bzw. einem Grad Celsius. Bald, prophezeien Experten, könnte in Norddeutschland Wein angebaut werden.
Beispiel Kohlendioxid. Das klimaschädliche Gas hat nach Angaben der Autoren in diesem Jahr die weltweit höchste Konzentration erreicht. Und das zum ersten Mal seit mindestens 800.000 Jahren. Das Observatorium Mauna Loa auf Hawaii meldete im Frühjahr eine durchschnittliche Tageskonzentration von 400,03 ppm (parts per million) Kohlendioxid in der Atmosphäre. Der dort gemessene CO2-Gehalt gilt als globaler Referenzwert, weil die Messstation auf einer Insel mitten im Pazifischen Ozean weitab von allen großen Emissionsquellen liegt. „Die Kohlendioxid-Konzertration liegt jetzt rund 40 Prozent höher als in der vorindustriellen Zeit“, sagt Frank Böttcher.
Darüber hinaus gehen die Autoren auf Veränderungen der Gletscherschmelze ein und verweisen auf die Zunahme schwerer Stürme und Hochwasserlagen wie in diesem Sommer. So ist das Eis-Maximum der Arktis im Winter in den vergangenen 35 Jahren von 16,2 auf 14,5 Millionen Quadratkilometer zurückgegangen. Derweil stieg die mittlere Zahl der schweren Stürme über dem Nordatlantik von 4,7 (im Jahr 1986) auf 9,5 (2012). „Hamburg jedoch“, sagt Frank Böttcher, „verzeichnet keine Zunahme der Sturmtage und mittleren Windstärken.“ Stattdessen gibt es in norddeutschen Breiten eine Verlagerung der klassischen Sturmsaison vom Herbst ins Frühjahr. Und dann das steigende Hochwasser – ebenfalls ein Zeichen des Klimawandels. Die Wahrscheinlichkeit für ‚Jahrhunderthochwasser‘, heißt es im Buch „Klimafakten“, habe sich in mehr als 100 Jahren verdreifacht. Denn die Zahl der Wetterlagen mit hohem Hochwassergefahren-Potenzial erhöhte sich vom Ende des 19.Jahrhunderts bis zum Jahr 2009 im arithmetischen Mittel von 2,7 auf 9.
Am Ende ihrer leicht verständlichen Gesamtdarstellung warnen die Experten freilich vor langfristigen Prognosen. Kein seriöser Wissenschaftler könne sagen, wie sich die globale Temperatur in den kommenden Jahrzehnten entwickeln werde. Möglicherweise, so hoffen die Autoren, glückt eines Tages die große Energiewende – nicht nur in Deutschland. „Vielleicht werden in 30 Jahren völlig neue Wege bei der Energieversorgung gefunden“, hoffen sie. Und machen so den Lesern Mut, den eigenen Lebensstil zu überdenken.