Präsident Dieter Lenzen kündigt bis 2016 Einschnitte in den Fakultäten MIN und Wirtschaftswissenschaften an. Kritik kommt von der CDU.
Hamburg. Herber Einschnitt an der Universität Hamburg: Wie das Abendblatt erfuhr, wird die Uni bis 2016 rund 50 von insgesamt 750 Professorenstellen abbauen. Der Wegfall der Stellen betrifft vorrangig die sehr großen Fakultäten MIN (Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften) und die Wirtschaftswissenschaften, entsprechend den Leitlinien der Wissenschaftsbehörde.
Ziel ist es nach den Worten des Präsidenten der Universität, Prof. Dieter Lenzen, "die kleinen Fakultäten nicht weiter zu dezimieren", wie es vom Vorgängersenat erfolgt war. Mathematik und die Naturwissenschaften mit rund 220 Professuren und die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit 180 Professoren sind die beiden größten unter den fünf Fakultäten. Die Geistes-, Rechts- und Erziehungswissenschaften werden nicht nennenswert angetastet.
Universitätspräsident Lenzen will, dass die Budgetkürzungen für die Hochschule den wissenschaftlichen Bereich so wenig wie möglich tangieren. Deswegen können Professoren, deren Stellen wegfallen, teilweise durch schlechter bezahlte wissenschaftliche Mitarbeiter oder mithilfe von Lehraufträgen ersetzt werden, sodass die Zahl der Studienplätze nicht im gleichen Maße sinken muss wie die der Professuren.
Dennoch wird der Abbau der Stellen, der über Pensionierungen und Wegberufungen erfolgt, spürbar sein - auch bei den Studienplätzen. So ist geplant, dass von den derzeit 5556 Plätzen für Studienanfänger in allen Fakultäten bis zum Jahre 2020 rund 450 wegfallen und die Universität dann nur noch jährlich 5100 Studienanfänger aufnimmt. Die Studienplätze im MIN-Bereich werden von derzeit 1431 auf 1322 in 2016 und schließlich auf 1279 im Jahr 2020 abgeschmolzen. Die Zahl der Plätze für Studienanfänger in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften soll von derzeit 1400 auf 1096 im Jahr 2020 zurückgehen. Die anderen Fakultäten behalten ihre jetzige Größe. Die Wissenschaftsbehörde wollte die Pläne noch nicht bestätigen. "Die Gespräche sind noch nicht abgeschlossen", sagte Sprecher Alexander von Vogel.
Grundsätzlich geht Universitätspräsident Lenzen davon aus, dass die Zahl der Studienanfänger bis 2020 auf keinen Fall unter die Marke von 5000 - zusätzlich weiterer aus künftigen Hochschulprogrammen - sinken wird. Der Strukturplan auf der Grundlage der neuen Leitlinien muss bis zum Jahresende verabredet werden - er richtet die Universität unter dem Strich stärker auf die Geistes-, Erziehungs- und Rechtswissenschaften aus.
Lenzen macht allerdings geltend, dass die MIN-Fakultät der Universität Hamburg zu den größten in Deutschland gehört. Etwa die Hälfte des Etats für die Fakultäten fließe in diesen Bereich. Insofern sei eine Abschmelzung hier eher vertretbar als in einer Fakultät mit nur 25 Professoren. "Die Universität Hamburg versucht, den notwendigen Stellenabbau so wenig wie möglich in den wissenschaftlichen Bereichen umzusetzen, sondern durch den Abbau von Doppelstrukturen in der Verwaltung und ähnlicher Maßnahmen", so Lenzen. "Auf diese Weise wird es gelingen, der Universität den Charakter einer Volluniversität zu erhalten und auch die kleinen Fächer, für die die Universität ja bekannt ist, abzusichern."
Bei der Handelskammer Hamburg stoßen die Pläne der Universität auf große Zustimmung. "Endlich wird nicht mehr an den Symptomen, sondern an den eigentlichen Problemen der Uni angesetzt", sagte Geschäftsführer Prof. Hans-Jörg Schmidt-Trenz. "Seit den 1970er-Jahren haben wir an der Uni Hamburg zu viele Häuptlinge und zu wenige Indianer, weil alle Indianer zu Häuptlingen gemacht wurden." Der 53-Jährige zieht den Vergleich zur Humboldt-Universität zu Berlin. "Dort gibt es den gleichen Etat, aber nur halb so viele Professoren. Trotzdem genießt sie einen besseren Ruf", sagte Schmidt-Trenz. Die Universität Hamburg könne international nur wettbewerbsfähig sein, wenn die Ausstattung der Professorenstellen verbessert werde. "Die Pläne werden den Studierenden und der Wirtschaft zugutekommen."
Weniger Begeisterung über die Sparpläne zeigt die CDU. "Es ist klar erkennbar, dass der Senat die Uni auf einen Abbaukurs geschickt hat. Wie auch bei den jüngsten Tarifabschlüssen lässt die SPD die Hochschulen alleine im Regen stehen", sagte Thilo Kleibauer, wissenschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. "Diese Planungen bedeuten erhebliche Einschnitte in die Qualität der Studienangebote. Hier handelt die Wissenschaftssenatorin äußerst kurzsichtig und fahrlässig."
Ähnlich sieht es die Hamburger Initiative Naturwissenschaft & Technik (NAT). "Wir halten die Pläne für sehr bedenklich. Die Streichung bedeutet immer eine Verschlechterung des Betreuungsschlüssels und einen Verlust von Möglichkeiten, Forschung voranzutreiben", sagte Sabine Fernau, Geschäftsführerin der Initiative, die Hamburger Unternehmen und Hochschulen vernetzt. "In einer Zeit des Fachkräftemangels in den naturwissenschaftlichen Bereichen ist das ein falsches Signal. Abiturienten, die sich für die als schwierig geltenden MIN-Oberstufenprofile entschieden haben und vor der Studienfach- und ortswahl stehen, werden die Sparpläne eher verunsichern als motivieren."