Hamburger Forscher spüren dem Klimagas im Meer und seiner weiteren Verteilung nach
Schuld am Klimawandel ist das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre, jedenfalls zu einem großen Teil. Wie es in die Luft gelangt, dafür gibt es zahlreiche Wege. Meistens ist der Mensch dafür verantwortlich. Doch was passiert eigentlich anschließend mit dem Gas?
Etwa ein Drittel des Treibhausgases verschwindet aus der Atmosphäre. Es wird im Meerwasser gelöst und zum Teil von Algen bei der Fotosynthese verarbeitet. Zooplankton und kleinere Meerestiere fressen die Algen. Diese sterben später und sinken zu Boden - mit ihnen der Kohlenstoff. Das macht das Meer zu einem idealen Speicher für das Treibhausgas, was die Klimaerwärmung erheblich dämpft.
Um diesen Prozess genauer unter die Lupe zu nehmen, haben wir uns am KlimaCampus einen kleinen Teil des Weltozeans angesehen - die Nordsee, ein Randmeer des Nordatlantiks. Wir haben unseren Supercomputer mit sämtlichen Eigenschaften und Prozessen des Meeres gefüttert und die Berechnungen anhand langjähriger Messreihen aus der Feldforschung überprüft. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Zum ersten Mal wurde ein umfassendes Computermodell von Hamburgs Hausmeer entwickelt, an dem Meteorologen, Geologen, Ozeanografen, Meeresbiologen und Meereschemiker beteiligt waren.
Die Nordsee liegt auf dem nordwesteuropäischen Schelf - also dort, wo die Küste ins Meer abfällt. Tatsächlich sind die Organismen hier extremen Herausforderungen ausgesetzt, besonders im südlich gelegenen Wattenmeer: Der jahreszeitliche Wechsel, typische Sturmperioden sowie der Rhythmus der Gezeiten prägen diesen Lebensraum. Darüber hinaus werden durch Klimaänderungen und globalen Schiffsverkehr, der Wasser aus aller Welt mitbringt, ganze Arten verdrängt.
Gleichzeitig zählt die Nordsee zu den biologisch produktivsten Meeresgebieten der Welt. Sie kann also besonders viel CO2 umwandeln. Was allerdings die Pufferfunktion für den Klimawandel angeht, ist die Nordsee zweigeteilt: Im nördlichen, mehr als 100 Meter tiefen Teil transportiert sie den abgesunkenen Kohlenstoff mit der Tiefenströmung weiter in den Nordatlantischen Ozean und entfernt diesen auf lange Zeit aus der Atmosphäre. Wir nennen das die "kontinentale Schelfpumpe". Im nur bis 50 Meter flachen südlichen Teil dagegen gelangt das CO2 schon bald zurück in die Luft.
Ebenso beeinflussen weitere Prozesse den Weg des Kohlenstoffs in den Ozeanen: Welche Rolle spielen durch Überdüngung verursachte Algenblüten für die CO2-Bilanz? Was bedeutet ein dauerhafter Temperaturanstieg oder eine Versauerung für das Schelfmeer? Wie wirken sich Kalkalgen auf die Kohlenstoffpumpe aus? Unser Nordsee-Modell hilft, diese Einflüsse zu klären.
Die Nordsee ist zwar gewissermaßen nur ein kleiner "Dackelschwanz" des Nordatlantiks, wir Menschen haben aber einen erheblichen Einfluss darauf. Und auch wenn unsere Ergebnisse nur ein Puzzleteil sind, ermöglichen sie doch wichtige Rückschlüsse auf das Zusammenspiel des globalen und des regionalen Klimasystems.
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