Ob und wie eine Supereruption zur Bevölkerungsdezimierung geführt haben könnte, untersuchen Hamburger Forscher am Max-Planck-Institut für Meteorologie
Auf Sumatra, im Yellowstone Nationalpark und bei Neapel schlummern sie: Vulkane mit dem Potenzial für so genannte Supereruptionen. Solche Ausbrüche sind allerdings selten. Laut Statistik explodiert nur etwa alle 700 000 Jahre ein Supervulkan. Dabei werden mehr als 1000 Milliarden Tonnen an Gasen und festen Teilchen ausgestoßen - ungefähr 150 Mal soviel wie beim Ausbruch des Pinatubo am 15. Juni 1991 auf den Philippinen, einer der größten Eruptionen des 20. Jahrhunderts. Dabei entsteht eine gigantische Wolke aus Gasen, Asche und Schwefelpartikeln, die das Sonnenlicht abschirmt und damit das globale Klima auf Jahre hin beeinflusst.
Doch welches Ausmaß haben die Veränderungen nach einer so riesigen Eruption? Dieser Frage sind wir am KlimaCampus gemeinsam mit Kollegen aus Cambridge und Kiel nachgegangen.
Hierzu haben wir die Folgen der letzten Supereruption am Großrechner simuliert: Vor etwa 74 000 Jahren brach der Vulkan Toba auf der indonesischen Insel Sumatra aus. Ein wissenschaftlich besonders interessanter Fall, der auch im Zusammenhang mit einem so genannten "genetischen Flaschenhals" in der menschlichen Entwicklung diskutiert wird. Denn vor rund 70 000 bis 80 000 Jahren hat sich die Anzahl des Homo sapiens stark verringert.
Einige Forscher führen diesen Bevölkerungsrückgang auf die Klimaveränderungen nach dem Ausbruch des Toba zurück. Doch hatte die Eruption tatsächlich derart gravierende Folgen? Dagegen spricht die hohe Überlebensrate von Säugetieren in Südostasien zu dieser Zeit.
Um die Auswirkungen des Toba-Ausbruchs genauer zu untersuchen, haben wir erstmals einen Faktor berücksichtigt, der bei früheren Berechnungen keine Rolle spielte.
Für den Klimaeffekt einer großen vulkanischen Eruption ist nicht nur die Menge der ausgestoßenen Schwefelteilchen von zentraler Bedeutung. Auch die Größe der vulkanischen Partikel ist ausschlaggebend. Deren besonders hohe Konzentration in der Vulkanwolke führt nämlich dazu, dass die Teilchen leichter zusammenklumpen, schwerer werden und deshalb schneller nach unten absinken. Dies hat zur Folge, dass das Sonnenlicht nur über einen relativ kurzen Zeitraum abgeschwächt wird. Mit unserem computergestützten Erdsystem-Modell konnten wir zeigen, dass die mittlere Temperaturabnahme nach der Toba-Eruption deshalb deutlich geringer ausfällt als in bisherigen Modellstudien: nämlich weltweit um maximal 3,5 Grad.
Laut unserem Modell sind die Temperaturen in einzelnen Regionen zwar um bis zu zehn Grad gesunken. Die Frostlinie hat sich allerdings nur geringfügig verschoben. Das widerlegt aber die These, dass die Abkühlung weltweit dramatische Folgen für das Leben auf der Erde hatte. Zumal sich die Temperaturschwankungen bereits zehn Jahre nach dem Ausbruch wieder im Bereich der natürlichen Variabilität bewegten.
Unsere Ergebnisse belegen also: Der Ausbruch des Supervulkans Toba hat die Lebensbedingungen auf der Erde härter gemacht. Die Abkühlung war jedoch nicht so stark, dass sie die drastische Dezimierung der Menschheit in dieser Zeit erklären würde. Dafür muss es andere Gründe geben.
+++ Neues vom KlimaCampus +++