Mit einem Kopfstoß warnen Bienen ihre Artgenossen vor gefährlichen Futterstellen. Die Insekten verständigen sich per Schwänzeltanz.

San Diego. Das rote Licht der Ampel oder die weit vorgestreckte Innenfläche einer Hand mit leicht gespreizten Fingern - fast jeder Mensch auf der Welt versteht zumindest eine dieser Botschaften als warnenden Hinweis "Stopp, nicht weitergehen!" Solche allgemein verständlichen Warnsignale kennen auch Bienen, berichtet James Nieh von der University of California in San Diego. Der Forscher hatte die Insekten beobachtet, die Artgenossinnen im Stock mit einem Schwänzeltanz mitteilen, wo sie reichlich Futter gefunden haben. Wurde eine andere Biene aber dort von fremden Bienen attackiert, warnt sie die Tänzerin mit einem Kopfstoß und zittert dabei 0,15 Sekunden lang mit einer Frequenz von 380 Hertz. Oft beendet die Tänzerin daraufhin ihre Bewegungen und unterbricht damit die Mitteilung an den Rest des Stocks, wo denn Futter zu finden sei. Damit aber sind auch die anderen Bienen gewarnt, das Stopp-Signal hat ähnlich dem roten Licht einer Ampel gewirkt.

Genau wie Warnsignale des Menschen ist das Stopp der Bienen ein einfacher und rasch wirkender Hinweis. Der Schwänzeltanz dagegen ist komplizierter. Bereits in den 1920er- und den 1940er-Jahren hatte der Zoologe Karl von Frisch an der Münchner Universität herausbekommen, dass Bienen damit ihren Artgenossen im Stock mitteilen, wo und in welcher Entfernung sie eine gute Futterstelle gefunden haben.

Hier können Sie einen Bienenschwänzeltanz beobachten!

Hat eine Biene einen Obstbaum entdeckt, dessen Blüten sich gerade öffnen, beginnt sie nach der Rückkehr in den Stock mit ihrem Tanz: Ein Stück läuft das Insekt geradeaus, bewegt dabei aber den Hinterleib rhythmisch hin und her. Dann kehrt sie im Halbkreis an den Ausgangspunkt zurück und wiederholt das Ganze. Andere Bienen erhalten mit diesem Tanz zwei wichtige Informationen: Die Tänzerin läuft beim Schwänzeln immer in eine Richtung. Damit zeigt sie, in welcher Richtung der Futterplatz liegt: Weicht der Lauf im Stock in einem 45-Grad-Winkel nach rechts von einer senkrecht in den Himmel zeigenden Linie ab, finden die Bienen das Futter, wenn sie außerhalb des Stocks 45 Grad nach rechts von der Richtung zur Sonne abweichen. Die Zeit, in der die Tänzerin auf der Geraden schwänzelt, gibt die Entfernung zur Nahrungsquelle an. Mit diesen beiden Informationen sollten die Bienen den gleichen Ort finden können, an dem die Tänzerin Futter entdeckt hat. Karl von Frisch brachte die Entdeckung dieser Zusammenhänge 1973 den Nobelpreis.

"Ein geschlossenes Buch ist der Schwänzeltanz mit dieser Entdeckung deshalb noch lange nicht", erklärt Jürgen Tautz, der an der Universität Würzburg Leben und Verhalten der Bienen weiter untersucht.

Um herauszufinden, ob die Bienen vom Schwänzeltanz, vom Blütenduft oder von beiden Informationen an die richtige Stelle gelockt wurden, haben Joe Riley vom landwirtschaftlichen Forschungsinstitut Rothamsted Research und Randolf Menzel von der Freien Universität Berlin Radar-Umsetzer auf Bienen befestigt. Sie wiegen nur einige Milligramm und schicken ein Radarsignal mit einer veränderten Frequenz zurück. Damit konnten sie die Insekten während des Fluges beobachten, die vorher einen Schwänzeltanz beobachtet hatten. Die hielten recht gut die Richtung zur Futterstelle. Auch wenn die Forscher die Bienen gar nicht am Stock, sondern einige Hundert Meter davon entfernt freiließen, flogen diese in die Richtung, die der Schwänzeltanz einer erfolgreichen Biene ihnen gezeigt hatte, obwohl dort gar keine Futterstelle war. Damit war eindeutig bewiesen, dass die Bienen sich nach dem Schwänzeltanz richten.

Kurz vor dem Ziel aber änderten die Bienen ihr Flugverhalten. "Normalerweise flogen sie auf den letzten Metern anscheinend einige Minuten lang Suchmanöver", schreiben die Forscher in einer Veröffentlichung 2005 (Nature, Band 435, Seite 205). Der Schwänzeltanz führt die Tiere also in die Nähe des Ziels. Um dort zu landen, brauchen sie aber eine endgültige Anleitung. In der Natur bringt der Blütenduft oder der Anblick der Blüten diese letzte Information, manchmal manövrieren bereits Bienen über der Futterstelle, die dort bereits vorher "getankt" hatten.

"Möglicherweise nutzen die Bienen noch weitere Hinweise, um die Futterstelle zu finden", überlegt Jürgen Tautz. Die Biene, die eine neue Futterstelle entdeckt hat, fliegt nach dem Schwänzeltanz im Stock dorthin zurück und zeigt dabei ein ungewöhnliches Verhalten: Normalerweise hört das menschliche Ohr den Bienenflug kaum. Eine Tänzerin aber hält mit deutlichem Brausen auf ihr Ziel zu. Filmaufnahmen zeigen, dass sie um die Futterstelle laut brausend herumfliegt. Jürgen Tautz vermutet: Das Brausen deutet darauf hin, dass die Biene beim Fliegen Turbulenzen und Luftwirbel auslöst. Vielleicht hinterlässt sie ja Duftspuren, die von den Luftwirbeln stabilisiert werden? So könnte sich die duftende Information relativ lange in der Luft halten und eine Art "Fein-Tuning" liefern, das andere Bienen aus dem Stock zusätzlich zum Schwänzeltanz zum Futter leitet.