Hamburger Forscher untersuchten den europäischen Emissionshandel in Großbritannien, Dänemark, den Niederlanden und Deutschland
Begehrte Güter lassen sich teuer verkaufen. Entsprechend sind Dinge, von denen es reichlich gibt, meist günstig zu haben. Angebot und Nachfrage bestimmen hier den Preis. Nach dem gleichen Prinzip soll der Handel mit Emissionsrechten funktionieren, der 2005 europaweit eingeführt wurde. Dabei wird das Recht, klimaschädliches CO2 in die Luft zu blasen, durch politische Vorgaben eingeschränkt, und für jede Tonne Treibhausgas muss eine Erlaubnis in Form eines Zertifikats vorliegen. Weil die erlaubte Menge knapp ist, sind die Zertifikate teuer, sodass Unternehmen gezwungen sind, ihre Emissionen einzuschränken.
Soweit die Theorie. Tatsächlich haben meine Mitarbeiter und ich herausgefunden, dass der Handel in den EU-Ländern sehr unterschiedlich gehandhabt wird - und dass die Effekte geringer sind als erhofft. Zunächst einmal wurden zu viele Zertifikate ausgegeben, weil der CO2-Ausstoß zur "Stunde null" zu hoch eingeschätzt wurde. Dadurch waren anfangs europaweit vier Prozent mehr Kohlendioxid erlaubt als tatsächlich freigesetzt wurden. Zum "CO2-Sparen" gab es also keinen Anlass.
In Großbritannien, Dänemark, den Niederlanden und Deutschland haben wir die Wirkungsweise der Emissionspapiere detailliert untersucht. Ergebnis: Während britische Unternehmen das Ganze eher durch die "Finanzbrille" betrachten und den Verkauf als Geldquelle sehen, werden anderswo Zertifikate verschenkt, weil man nichts damit anzufangen weiß. Wieder andere Firmen, meist Produktionsbetriebe, müssen ihre Emissionsrechte zwar teuer zukaufen, ändern aber nichts, weil sie den Aufwand fürchten und nicht wissen, was für sie am Ende teurer ist.
Unsere Untersuchungen zeigen: Obwohl viele Unternehmen mehr Zertifikate besitzen als notwendig, verkauft die Mehrheit diese nicht - in Deutschland blieben anfangs fast drei Viertel der Unternehmen untätig. Der "Markt" für CO2 folgt daher nicht der üblichen Logik, sondern wird völlig unberechenbar. Als Instrument für den Klimaschutz greift der Ansatz derzeit nicht. Schade, denn die nächste Ausbaustufe - ein weltweiter Handel der Papiere - würde auch einen Lastenausgleich ermöglichen: Unternehmen in Entwicklungsländern könnten nicht benötigte Zertifikate an Industrieländer verkaufen und mit den Einnahmen eigene Klimaschutzmaßnahmen finanzieren.
Allerdings fehlt es schon jetzt in Europa an effizienten Kontrollen, dass tatsächlich nur so viel CO2 ausgestoßen wird, wie die Quote es erlaubt. Auch kommt es über Ländergrenzen hinweg immer wieder zu Steuerbetrug.
Fazit: Der Handel mit Emissionsrechten ist ein komplexes Instrument, das trotz EU-weit gleicher Regelungen erhebliche nationale Unterschiede hervorbringt. Dem Klima hilft er nur, wenn die Zertifikate knapp und die Kontrollen gut sind. Zweifel an einer weltweiten Realisierbarkeit sind angebracht.