Hamburger Forscher decken mithilfe von Satelliten Teilrodungen von tropischen Regenwäldern auf, die klimaschädigendes Kohlendioxid freisetzen.
Täglich verschwinden etwa 200 Quadratkilometer Wald von der Erdoberfläche - dies entspricht ganz Altona und Hamburg-Mitte zusammengenommen. Diese Waldzerstörung, die vor allem in den Tropen und Subtropen stattfindet, führt nicht nur zum Verlust wertvoller Ökosysteme, sondern setzt auch große Mengen klimaschädliches Kohlendioxid frei. Etwa ein Fünftel der globalen Treibhausgasemissionen wird durch Entwaldung verursacht.
Meine Kollegen vom KlimaCampus und ich haben jetzt eine Methode entwickelt, um die Zerstörung der Wälder und den damit verbundenen Anstieg der Kohlenstoffemissionen regional besser zu erfassen. Denn nur zu oft erleben wir bei der Bestandsaufnahme von tropischen Wäldern leider eine böse Überraschung.
So zeigen uns Satellitenbilder möglicherweise eine geschlossene Decke von Baumkronen - der Wald scheint unberührt. Doch wie Kulissen im Theater uns etwas vorgaukeln, so hält auch die "Fassade" im Regenwald manchmal nicht, was sie verspricht. Bei Stichproben vor Ort stellen wir häufig fest, dass unterhalb der obersten Kronenschicht gezielt Bäume entnommen wurden. Diesen Vorgang bezeichnen wir als Degradierung.
Dies mag auf den ersten Blick harmlos scheinen, doch auch eine solche Nutzung ist problematisch. Tatsächlich ist mindestens die Hälfte der Emissionen aus Waldzerstörung auf diese "kleinen" Entnahmen zurückzuführen. Darüber hinaus reduziert auch eine Degradierung von Wald bereits die Artenvielfalt und verschiebt die Balance des Ökosystems. Weltweit betrachtet sind die so geschädigten Flächen sogar größer als die zusammenhängenden Kahlschlaggebiete.
Deshalb sahen auch die Teilnehmer der Weltklimakonferenz 2009 in Kopenhagen hier Handlungsbedarf. So werden Länder mit tropischen und subtropischen Wäldern künftig einen finanziellen Bonus bekommen, wenn sie sowohl Kahlschlag als auch Degradierung reduzieren. Kahlschläge lassen sich problemlos aufspüren, für die Degradierung fehlte bisher allerdings die Methode.
In meiner Arbeitsgruppe haben wir erstmals ein solches Verfahren entwickelt, mit dem wir quasi per "Röntgenblick" unter die Baumkronen blicken können. Dazu nutzen wir den deutschen Satelliten TerraSAR-X, der mit Radartechnik arbeitet. Sein Signal kann in die Waldkronen eindringen. Hier wird es unterschiedlich reflektiert und gestreut - je nachdem, ob viel oder wenig Unterholz vorhanden ist. Je schwächer das reflektierte Signal, desto dichter steht der Wald unter der Krone.
Beim ersten Test im brasilianischen Regenwald staunte das Team: Nicht nur, dass unsere Analyse exakt die Zahl der tatsächlich entnommenen Bäume anzeigte: Es waren sogar die Schleifspuren des Abtransports zu erkennen. Ein toller Erfolg. Die neue Methode soll jetzt in das Regelwerk des Weltklimarats der Vereinten Nationen aufgenommen werden.