Größter europäischer Klimakongress in der Hansestadt. Forscher: Extreme Wetterereignisse wie Stürme und Starkregen werden deutlich zunehmen. Die Weiterentwicklung von Frühwarnsystemen wird immer wichtiger.
Hamburg. Orkanartige Stürme im Winter, heftiger Sommerregen mit Hagelschlag, Überschwemmungen, Dürre - extreme Wetterereignisse haben in Deutschland stark zugenommen und werden dies auch in Zukunft tun. Seit 1970 habe sich die Zahl der wetterbedingten Naturkatastrophen verdreifacht, sagte Peter Höppe, Leiter der GeoRisikoForschung der Münchener Rückversicherung, auf dem 7. Extremwetterkongress in Hamburg. Die Tagung ist mit mehr als 800 Fachleuten das größte Treffen dieser Art in Europa.
Die "Wettermaschine" habe in den vergangenen Jahrzehnten "einen Gang höher geschaltet", sagte Höppe. Auch für die kommenden 30 Jahre rechneten Klimamodelle in Deutschland vor allem mit einer Zunahme der Sturmintensität und mit mehr Starkniederschlägen , die zu Überschwemmungen führen.
Höppe bezifferte die gesamtwirtschaftlichen Schäden durch extreme Wetterereignisse im vergangenen Jahr auf rund 105 Milliarden Euro. Dies sei der zweithöchste Wert seit dem Rekordjahr 2005. Weltweit würden mittlerweile drei Viertel aller Schäden von extremen Wetterlagen ausgelöst. In Deutschland liege dieser Anteil sogar bei 99 Prozent.
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Umso wichtiger sei die Weiterentwicklung von Frühwarnsystemen, sagte Paul Becker, Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes. Vorbildlich arbeite bereits das neue Hitzewarnsystem. Es entstand als Reaktion auf die Hitzewelle im Sommer 2003, die europaweit mehrere Zehntausend Menschen das Leben kostete. Der Meteorologe Frank Böttcher, Organisator dieses europaweit größten Klima- und Wetterkongresses, wünscht sich noch präzisere Unwettervorhersagen: "Es kommt vor, dass ein Wetterdienst vehement und der nächste nur schwach vor einem herannahenden Unwetter warnt. Das sorgt für Irritationen in der Bevölkerung. Dabei ist es wichtig, dass die Warnungen ernst genommen werden."
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Die Zunahme extremer Wettereinflüsse werde sich auch auf die Energieversorgung auswirken, warnte Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Das gelte gerade vor dem Hintergrund, dass in Deutschland der Anteil der erneuerbaren Energien bis Mitte des Jahrhunderts auf 80 Prozent wachsen soll. Betreiber von Windkraftanlagen dürften sowohl mit ausgeprägten windschwachen Perioden als auch mit stärkeren Stürmen konfrontiert werden, sagte Kemfert. Hinzu komme, dass auch in herkömmlichen Kraftwerken Produktionseinschränkungen durch einen niedrigeren Wasserstand in den Flüssen drohten.
Der Kieler Klimaforscher Mojib Latif warnte davor, sich vom derzeit gebremsten globalen Temperaturanstieg täuschen zu lassen. Er sprach von einer "Atempause der Klimaerwärmung", die bis 2015, vielleicht auch bis 2020 anhalten werde. "Danach wird der Anstieg umso drastischer sein."