Sonys neue mobile Konsole bietet interaktive Unterhaltung auf hohem Niveau - zu einem recht hohen Preis. Für wen lohnt sich der Kauf?
Hamburg. Mit der ersten Playstation krempelte Sony 1994 den Videospielmarkt um: Mehr als 104 Millionen Mal ging das Gerät über die Ladentheke, der Nachfolger PS2 als meistverkaufte Spielekonsole aller Zeiten sogar mehr als 153 Millionen Mal. Bei den mobilen Geräten allerdings musste sich das Unternehmen bislang dem Konkurrenten Nintendo und dessen Geräten Gameboy und 3DS geschlagen geben.
Jetzt legt Sony nach: Die neue Playstation Vita, die heute in den Handel kommt, bietet nicht nur anspruchsvolle Spiele mit Spitzengrafik, sondern man kann mit ihr auch Videos anschauen, im Internet surfen und vieles mehr tun. Diese Möglichkeiten bieten Smartphones und Tablet-Computer aber auch. Manch ein potenzieller Käufer wird sich deshalb gut überlegen, ob er 250 bis 300 Euro für einen weiteren mobilen Begleiter ausgeben will. Lohnt sich der Kauf? Und wenn ja, für wen?
Nimmt man die etwa 18 Zentimeter lange Konsole in die Hand, so fällt zunächst das hochwertige, fünf Zoll große OLED-Display auf. Das Kürzel OLED steht für organische Leuchtdioden. Diese werden auch in Displays von Smartphones verbaut. Im Gegensatz zu Flüssigkristallbildschirmen (LCD) kommen OLEDs ohne Hintergrundbeleuchtung aus. Sie sind deshalb sparsamer und bieten einen höheren Kontrast. Der Vita-Bildschirm kann mehrere Berührungen gleichzeitig verarbeiten, etwa um Elemente nach iPhone-Manier mit zwei Fingern zu vergrößern.
Damit sind die Eingabemöglichkeiten längst nicht ausgereizt. Als erste Mobilkonsole verfügt die Vita über zwei Analogsticks links und rechts. Eine solche Ausstattung ist im Grunde nur für die Steuerung von Spielen sinnvoll, etwa um eine Spielfigur durch virtuelle Welten zu bewegen. Zwar bietet Konkurrent Nintendo nun für seine 3DS ebenfalls einen zweiten Stick an, der nachträglich am Gehäuse montiert werden kann. Die Vita besitzt jedoch zusätzlich noch zwei Schultertasten an der oberen Kante und ähnelt damit einem Playstation-3-Controller. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass Sony aus der Verbindung seiner stationären Konsole und der kleinen Vita Kapital schlagen will. So sollen viele Vita-Spiele gleichzeitig auf der PS3 spielbar sein und umgekehrt. Damit könnte man etwa ein abends unterbrochenes PS3-Spiel morgens in der U-Bahn auf der Vita weiterspielen. Auch systemübergreifende Mehrspielerduelle sind möglich.
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Eine weitere Besonderheit ist das Touchpad auf der Rückseite. Welche Funktionen damit verbunden sind, ist der Fantasie der Entwickler überlassen. So lassen sich virtuelle Landschaften verformen, indem man mit dem Finger über das rückwärtige Touchpad streicht oder bei Sportsimulationen wie "FIFA" von EA Sports mit der Fingerspitze Torschüsse auslöst.
Die Konsole verfügt außerdem über je eine Kamera an der Vorder- und Rückseite sowie Bewegungssensoren und einen elektronischen Kompass. Die Kameras sind mangels Auflösung allerdings nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit - sie sind eben zum Spielen gedacht und nicht dafür, eine Digitalkamera zu ersetzen. So sollen damit Anwendungen möglich werden, die digitale und reale Welt spielerisch miteinander verbinden, zum Beispiel, indem der momentane Aufenthaltsort des Spielers miteinbezogen wird.
Die technische Aufrüstung hat einen Grund. Billigspiele aus den App-Stores für iPhone, iPad und Android-Geräte setzen die Branche unter Druck. In den USA überholten App-Verkäufe im vergangenen Jahr erstmals Nintendo & Co. Spiele für Mobiltelefone sind meist als kostenlose "Light"-Versionen erhältlich; wer das ganze Spiel haben will, zahlt meist nicht mehr als vier Euro. Sony reagiert auf diese Entwicklung mit einem eigenen App-Store für die Vita. Ein Coup ist Sonys Ankündigung, dass für Android programmierte Titel auch auf der Vita laufen werden. Spielsoftware kann in Form von Vita-Speicherkarten im Laden erworben oder heruntergeladen werden. Letzteres geht mit der 50 Euro teureren 3G-Version über das mobile Internet; Besitzer der günstigeren Variante wählen sich per WLAN-Hotspot ein. Für Unmut sorgt der Umstand, dass Sony auf ein neues eigenes Speicherkartensystem setzt. Etwa 50 Euro soll eine 16-GB-Speicherkarte kosten, der Konsole selbst liegt keine Karte bei.
Passionierte Spieler dürfte ein Blick auf die angekündigten Spiele versöhnen. Premium-Titel wie "Uncharted: Golden Abyss" machen deutlich, warum man für sie den vielfachen Preis einer Spiele-App zahlen muss. Weitläufige und bis ins Detail gestaltete Landschaften und innovative Konzepte, die den Spieler deutlich länger als eine Mittagspause beschäftigen, sind eben nicht zum Schleuderpreis zu haben.
Die Zielgruppe der Vita ist also klar definiert: Der Fokus liegt auf anspruchsvoller interaktiver Unterhaltung, die Multimediafähigkeiten der Konsole sind eher ein zusätzlicher Anreiz und dienen dazu, den Spielspaß zu vergrößern. Gamer finden in der Vita eine leistungsstarke, aber auch recht teure Hardware. Wer im Internet surfen, Urlaubsfotos vorführen, Videos schauen und nur ab und zu ein Spielchen wagen will, ist mit einem Smartphone oder einem Tablet-PC sicher besser bedient.