Mit einem von Wissenschaftlern in Lemgo entwickelten Verfahren kann Falschgeld per Fotoklick identifiziert werden.
Lemgo. Echter Geldschein oder "Blüte"? Besitzer eines Smartphones sollen schon sehr bald mit einer App in null Komma nichts die Antwort erhalten können. Einfach die Banknote mit dem Mobiltelefon abfotografieren, und schon unterscheidet das Programm originale von gefälschten Geldscheinen. Prof. Volker Lohweg vom Institut Industrial IT der Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Lemgo und sein Team haben das Verfahren zusammen mit einem Druckmaschinenhersteller aus der Schweiz entwickelt. Es soll kurz vor der Marktreife stehen und demnächst in App-Portalen angeboten werden. Ein Name und der Preis für das Programm stehen noch nicht fest.
Eigentlich ist die Smartphone Applikation lediglich ein nützliches Beiwerk, das aus der Zusammenarbeit der Wissenschaftler mit dem Maschinenhersteller entstanden ist. Das Maschinenunternehmen ist spezialisiert auf die Herstellung von Druckmaschinen für Banknoten. Geldscheine werden auf der Welt fast ausschließlich im sogenannten Stahlstichdruckverfahren hergestellt, und derartige Maschinen erhalten nur Einrichtungen wie beispielsweise die Deutsche Bundesdruckerei. Der Stahlstichaufdruck ist leicht erhaben. Die Rede ist auch von einem dreidimensionalen Druck. Das lässt sich insbesondere bei neuen Banknoten mit den Fingern fühlen. Fälscher sind bislang technisch nicht in der Lage, die Kombination aus haptischen und optischen Merkmalen nachzubilden.
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Die Forscher um Prof. Volker Lohweg entwickelten für den Maschinenbauer ein optisches Verfahren, das die Druckqualität laufend überwacht und damit dem Druckereipersonal die Arbeit erleichtert. Derselbe optische Kontrollmechanismus erkennt aber auch Kopien aller Art, wenn der erhabene Aufdruck fehlt. Da nützen den "Blüten" auch keine nachgemachten Wasserzeichen, Hologramme oder Folienstreifen, die sonstigen Sicherheitsmerkmale von Geldscheinen.
Lohweg und sein Team hatten allerdings einige Forschungsarbeit zu leisten, um das optische Verfahren aus der Drucktechnik auch auf die Kameras gängiger Smartphones und ihrer Betriebssysteme zu übertragen. Die verstehen die Maschinensprache nicht und verlangen nach Übersetzung. Lohweg: "Eine große Herausforderung war, die Algorithmen, die für industrielle Umgebungen erforscht wurden, auf Endverbrauchergeräte umzusetzen." Als ein besonderes Problem stellte sich dabei auch heraus, dass die aktuellen Betriebssysteme der Handys nur einen Teil der von den eingebauten Kameras gelieferten digitalen Fotodaten annehmen. Die sogenannten RAW-Dateien, völlig unveränderte Fotodateien, wären laut Lohweg eigentlich für die Bildverarbeitung notwendig. Das Problem umgehen die Forscher, indem sie ihre Software mit speziell codierten Vorschaubildern ausstatten, mit denen die Fotos aus dem Handy verglichen werden. Lohweg: "Die Software arbeitet mit einer speziellen Form der Spektralanalyse und einem neuen Klassifizierungskonzept. Damit lassen sich echte Banknoten sehr sicher identifizieren. Die App stellt mithilfe von Bildverarbeitung und Mustererkennung fest, ob die Banknoten echt oder falsch sind."
Für den modernen Banknotencheck sollen alle Smartphones geeignet sein, deren Kamera eine Auflösung von mindestens 600 dpi bietet. Lohweg: "Eine durchschnittliche Smartphone-Kamera bringt diese Leistung. Falschgeld kann so auch im täglichen Gebrauch - und sogar bei fremden Währungen - selbst von Laien enttarnt werden." Die Programmanwendung soll nach den Worten von Lohweg in Abstimmung mit dem Industriepartner relativ zeitnah auf den Markt gebracht werden.
Vor wenigen Tagen stellte Lohweg die neue Entwicklung seines Teams auf der internationalen Fachtagung Optical Document Security (Optische Dokumentensicherheit) in San Francisco vor. Seit 1996 treffen sich Wissenschaftler und Fachleute aus dem Bereich des Dokumentendrucks wie auch Vertreter großer Zentralbanken alle zwei Jahre in Kalifornien, um sich über die Entwicklung im Bereich der optischen Sicherheit von Dokumenten und Banknoten auszutauschen.
Die Entwicklung aus Lemgo fand großen Zuspruch. Die neue optische Überprüfung der Banknoten soll in Zukunft nicht nur in Smartphones angewendet werden können. Zentralbanken zeigen ebenso Interesse für die Kontrolle bei der Geldsortierung und für die Kontrolle der Geldautomaten, an denen Banknoten eingezahlt werden können.