Heute stellt Apple sein neues iPhone vor. Es soll sich gegen starke Konkurrenz durchsetzen und nebenbei die US-Wirtschaft ankurbeln.
New York. Vor jeder Vorstellung eines neuen iPhone schießen die Erwartungen stets in unendliche Höhen. Doch selbst für Apple-Verhältnisse ist die bevorstehende Präsentation in San Francisco am heutigen Mittwoch ganz besonders. Mit dem nächsten iPhone soll die erste größere Erneuerung des Apple-Smartphones seit dem Sommer 2010 kommen. Das wichtigste Produkt des wertvollsten Unternehmens der Welt muss sich gegen so viel Konkurrenz beweisen wie noch nie. Auch Apple-Chef Tim Cook kann sich nicht sicher sein, wie sein bislang wichtigstes Projekt enden wird. Läuft Apple womöglich Gefahr, die Kunden zu enttäuschen, weil sich zu wenig verändert hat? Oder verkauft sich das neue iPhone so gut, dass es sogar das US-Wirtschaftswachstum ankurbelt, wie die Experten von JP Morgan erwarten?
In den vergangenen Monaten gab es schon viele Hinweise darauf, was Tim Cook am heutigen Mittwoch in San Francisco der Öffentlichkeit zeigen dürfte. So soll das neue iPhone genauso breit sein, aber einen etwas längeren Bildschirm haben. Glaubt man den vielen Bildern und auch Videos im Internet, behält das neue Apple-Telefon grundsätzlich die Form des iPhone 4 und 4S, wird aber etwas dünner und bekommt eine Metallrückseite sowie einen neuen kleineren Verbindungsanschluss. Dem "Wall Street Journal" zufolge wird es im Gegensatz zum aktuellen iPad den schnellen LTE-Datenfunk nicht nur in Nordamerika, sondern weltweit unterstützen.
Zudem startet mit iOS 6 zeitgleich die nächste Version von Apples Betriebssystem für iPhones und iPads. Unter anderem sollen dabei die Google-Karten durch ein eigenes Angebot ersetzt und Facebook vertieft integriert werden. Und mit der App Passbook führt Apple ein digitales Portemonnaie für Tickets und Treuekarten ein - das wohl auch zu einer vollwertigen Geldbörse ausgebaut werden könnte.
Reichen die Innovationen aus, um die Apple-Kunden zu überzeugen? Im vergangenen Quartal waren die Verkäufe abgesackt, weil viele lieber auf die nächste Generation warten wollten. Apple verkaufte noch 26 Millionen iPhones, während Hauptrivale Samsung etwa doppelt so viele seiner Smartphones verschiedener Modelle und Preisklassen loswurde.
Bei der letzten Vorstellung beschränkte sich Apple noch auf ein kleineres Upgrade: Als Tim Cook einen Tag vor dem Tod des Apple-Gründers Steve Jobs im vergangenen Oktober statt des erwarteten runderneuerten iPhone 5 nur ein aufgefrischtes Modell 4S präsentierte, sackte zunächst der Aktienkurs ab. Doch die Kunden griffen zu und bescherten Apple den bisherigen Absatzrekord von 37 Millionen iPhones in einem Quartal. Der bekannte Branchenanalyst Gene Munster schätzt, dass Apple allein in einer Woche sechs bis zehn Millionen iPhones 5 verkaufen könnte, wenn die neue Generation wie erwartet am 21. September in den Handel kommt. Und JP-Morgan-Chefökonom Michael Feroli glaubt sogar, dass die iPhone-Verkäufe das aufs Jahr hochgerechnete US-Wirtschaftswachstum im Schlussquartal des laufenden Jahres um 0,25 bis 0,5 Prozentpunkte nach oben treiben können.
Schließlich dürfte jetzt ein Jahr später auch der Name iPhone 5 zum Einsatz kommen. Apples Einladung zum Event in San Francisco enthielt jedenfalls einen klaren Hinweis darauf: Die E-Mails zeigten eine große 12 für den 12. September, deren Schatten eine 5 bildete. Zuvor war spekuliert worden, Apple könnte wie beim aktuellen iPad auf Zahlen verzichten und einfach nur vom "neuen iPhone" sprechen.
Stärkster Rivale für das nächste iPhone ist das im Mai vorgestellte Samsung-Flaggschiff Galaxy S3. Es ist dünn, hat einen großen Bildschirm, einen schnellen Chip und ausgefallene Funktionen wie Entsperrung per Gesichtserkennung. Es wurde in den vergangenen Monaten rund 20 Millionen Mal verkauft. Die neuen Geräte spielen auch im Patentstreit eine Rolle. Beflügelt vom Erfolg gegen Samsung in Kalifornien weitete Apple jüngst eine andere Klage auch auf das S3 aus. Samsung kündigte im Gegenzug an, Apple in Europa und den USA zu verklagen, wenn das nächste iPhone die vierte Mobilfunkgeneration LTE unterstützen sollte.
Nokia und Microsoft, die verzweifelt darum kämpfen, mit dem Betriebssystem Windows Phone zur dritten Kraft im Smartphone-Markt neben Googles Android und der Apple-Plattform iOS zu werden, tun dem iPhone zunächst einmal einen großen Gefallen. Sie stellten vergangene Woche zwar neue Lumia-Modelle mit der nächsten Software-Version Windows Phone 8 vor, doch nannten keinen Starttermin. Dem Vernehmen nach wird es erst Ende Oktober, Anfang November so weit sein.